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Innerhalb der Autoimmunerkrankungen des Kindes- und Jugendalters werden die meisten Erkrankungsbilder in der Kinder­rheumatologie versorgt. In Deutschland sind ca. 25 000 Kinder und Jugendliche von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises betroffen. Während bei autoimmunen Erkrankungen Fehlreaktionen des adaptiven Immunsystems ursächlich sind, haben neue Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie das Spektrum um die autoinflammatorischen Erkrankungen, d.h. Störungen des angeborenen («innate») Immunsystems erweitert. Obwohl erst 2003 als Zusatzsbezeichnung in Deutschland anerkannt, versorgen aktuell mehr als 200 Kinder- und Jugendrheumatologen und -rheumatologinnen die Betroffenen (das sind 1,4 Fachärzte pro 100 000 Kinder) [1].

Die Juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist die häufigste kinderrheumatologische Erkrankung. Nach Daten aus 2016 erkrankt etwa 1 von 1000 Kindern an einer JIA. Sie wird definiert als Arthritis mit mehr als 6 Wochen Dauer, die: (i) sich vor dem vollendeten 16. Lebensjahr manifestiert und (ii) keine anderen Ursachen hat. Die JIA hat meist einen chronisch progredienten oder rezidivierenden Verlauf mit unmittelbaren Folgen für die betroffenen Gelenke und umliegenden Strukturen und langfristige Folgen auch über die betroffenen Gelenke hinaus. Entsprechend der klinischen Manifestation werden 8 Kategorien unterschieden: systemische JIA, persistierende oligoartikuläre JIA, extended oligoartikuläre JIA, Rheumafaktor-negative polyartikuläre JIA, Rheumafaktor-positive polyartikuläre JIA, Enthesitis-assoziierte Arthritis, juvenile Psoriasisarthritis und undifferenzierte JIA. Im Verlauf der Erkrankung können Patienten die Verlaufsform wechseln.

Die Februarausgabe der Zeitschrift für Rheumatologie widmete sich Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten rheumatischer Erkrankungen des Kindes- und Jugend- im Vergleich zum Erwachsenenalter. Einer der Artikel aus der Zeitschrift zeigt als Übersichtsarbeit in diesem Heft die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von polyatrikulärer JIA und rheumatoider Arthritis [2]. Bei der JIA sind extra-artikuläre Manifestationen, v.a. eine Augenbeteiligung (Uveitis), häufiger. Die JIA kann die Entwicklung der Betroffenen bezüglich Wachstums, neuromotorischer Fähigkeiten, aber auch Organfunktionen erheblich beeinträchtigen.

Die kindlichen Kollagenosen sind eine heterogene Gruppe mit häufig überlappender Symptomatik, wie z.B. juveniler systemischer Lupus erythematodes (jSLE), juvenile Dermatomyositis (jDM), juvenile systemische Sklerodermie (jSSc), juvenile lineare Sklerodermie (jlSc), mixed connective tissue disease (MCTD). Kindliche Kollagenosen sind sehr selten.

Vaskulitiden sind bei Kindern und Jugendlichen deutlich seltener als bei Erwachsenen. Ausnahmen sind die IgA-Vaskulitis (früher Purpura Schönlein-Henoch) und das Kawasaki-Syndrom, zwei prognostisch meist gut verlaufende Vaskulitiden. Bei juvenilen Vaskulitiden werden unterschieden: Takayasu-Arteriitis, Polyarteriitis nodosa, Kawasaki-Syndrom, Granulomatose mit Polyangiitis, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, mikroskopische Polyangiitis, IgA-Vaskulitis sowie andere wie z.B. Morbus Behçet. Eine neue Gruppe sind monogenetische Formen einer Vaskulitis: Deficiency of adenosine deaminase 2, STING-associated vasculitis of infancy und die Haploinsuffizienz A20. Der Übergang zu den Interferonopathien, einer Gruppe seltener hereditärer Erkrankungen, deren Ursache in Mutationen in regulatorischen Genen der Interferon-Sig­nalkette liegen, ist fließend.

Autoinflammatorische Erkrankungen (AID) sind selten auftretende Folgen von Fehlfunktionen des angeborenen Immunsystems, z.B. Mutationen in Genen, die Proteine oder Regulationsfaktoren in Signalübertragungswegen des angeborenen Immunsystems kodieren. Wichtigste Vertreter sind das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) und die Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndrome (CAPS).

Neuen Therapien, die auf verbesserten Kenntnissen über die Pathophysiologie der Erkrankungen basieren, gestatten heute eine effektivere Kontrolle der rheumatischen Entzündungsaktivität bzw. das Erreichen anspruchsvoller Therapieziele wie einer Remission.

Internationale Forschungsnetzwerke und eine spezielle Gesetzgebung für die Entwicklung von pädiatrischen Medikamenten führten zur Zulassung von zahlreichen neuen Rheumamedikamenten, deren Sicherheit im klinischen Alltag seit der Jahrtausendwende systematisch untersucht und dokumentiert wird. Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität wurden implementiert, Standardinstrumente zur Patientenbewertung der Krankheitsaktivitiät und Krankheitslast eingeführt sowie Initiativen zur Verbesserung der Versorgung Betroffener und ihrer Eltern (z.B. ProKind-Initiative) gegründet. Diese Veränderungen haben die Prognose und Lebensperspektive rheumakranker Kinder und Jugendlicher verbessert, es besteht jedoch weiterhin noch Optimierungsbedarf.

1.
Haas
JP
,
Minden
K
:
Langfristentwicklungen in der Kinder- und Jugendrheumatologie
.
Akt Rheumatol
.
2022
;
47
:
399
408
.
2.
Haas
JP
,
Weimann
V
,
Feist
E
:
Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis und rheumatoide Arthritis : Gemeinsamkeiten und Unterschiede
.
Z Rheumatol
.
2022
;
81
:
4
13
.