Abstract
Objective: Interstitial lung disease (ILD) is the leading cause of morbidity and mortality in systemic sclerosis (SSc) patients. We aimed to investigate the impact of sex on SSc-ILD. Methods: EUSTAR SSc patients with radiologically confirmed ILD and available percentage predicted forced vital capacity (%pFVC) were included. Demographics and disease features were recorded. A change in %pFVC over 12 months (S.D. 6) (cohort 1) was classified into stable (≤4%), mild (5–9%) and large progression (≥10%). In those with 2-year longitudinal %pFVC (cohort 2), the %pFVC change at each 12-month (S.D. 6) interval was calculated. Logistic regression analyses [odds ratio (OR) and 95% CI] and Cox proportional hazards models adjusted for age and %pFVC were applied. Results: A total of 1136 male and 5253 female SSc-ILD patients were identified. Males were significantly younger, had a shorter disease duration, had a higher prevalence of CRP elevation and frequently had diffuse cutaneous involvement. In cohort 1 (1655 females and 390 males), a higher percentage of males had stable ILD (74.4% vs 69.4%, P = 0.056). In multivariable analysis, disease duration and %pFVC [OR 0.99 (95% CI 0.98, 0.99) and OR 0.97 (95% CI 0.95, 0.99), respectively] in males and age, %pFVC and anti-centromere [OR 1.02 (95% CI 1.00, 1.04), OR 0.97 (95% CI 0.96, 0.98) and OR 0.39 (95% CI 0.245, 0.63), respectively] in females were associated with large progression. The 1-year mortality rate was higher in males (5.1% vs 2.5%, P = 0.013). In cohort 2 (849 females and 209 males), a higher percentage of females showed periods of large progression (11.7% vs 7.7%, P = 0.023), the percentage of patients with none, one or two periods of worsening was not different. The overall death rate was 30.9% for males and 20.4% in females (P < 0.001). In the survival analysis, male sex was a predictor of mortality [OR 1.95 (95% CI 1.66, 2.28)].
Abstract aus Campochiaro C, Hoffmann-Vold AM, Avouac J, et al.: Sex influence on outcomes of patients with systemic sclerosis-associated interstitial lung disease: a EUSTAR database analysis. Rheumatology (Oxford) 2023;62:2483–2491. DOI: 10.1093/rheumatology/keac660
Transfer in die Praxis von Dr. Markus Polke (Heidelberg)
Hintergrund
Die systemische Sklerose (SSc) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die mit einer Fibrose der Haut und inneren Organe sowie einer Vaskulopathie einhergeht [1]. Unterschiedliche Immunsuppressiva, wie Mycophenolat-Mofetil, Methotrexat, Cyclophosphamid, Rituximab und Tocilizumab werden zur Therapie eingesetzt. Das Raynaud-Phänomen und digitale Ulzera können mit Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren und Iloprost-Infusionen behandelt werden. Im Falle einer pulmonal-arteriellen Hypertonie kommen Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Endothelinrezeptor-Antagonisten und Prostazyklin-Analoga zum Einsatz [2].
Findet sich bei Patienten mit SSc eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD), so ist von einer deutlich erhöhten Morbidität und Mortalität auszugehen [3, 4]. Liegt eine Lungenfibrose vor, kann eine antifibrotische Therapie mit Nintedanib oder Pirfenidon eingesetzt werden [2], wobei aktuell nur Erstere eine Zulassung in Deutschland besitzt.
Eine eingeschränkte Lungenfunktion, diffuse Hautmanifestation, ein erhöhtes C-reaktives Protein, höhere Anti-Topoisomerase-I-Antikörper oder eine geringere Anti-Zentromer-Antikörper-Positivität sind mit einem schlechteren Outcome assoziiert [5‒9].
Auch das Geschlecht eines SSc-Patienten scheint einen Einfluss auf die Erkrankung bzw. den Erkrankungsverlauf zu haben: Insgesamt haben Männer ein höheres Risiko für eine diffuse kutane Manifestation, digitale Ulzerationen und eine pulmonal-arterielle Hypertonie [10].
Campochiaro et al. haben die größte zur Verfügung stehende Datenbank für Patienten mit SSc-assoziierter ILD (SSc-ILD) genutzt, um aus «real-world data» den Einfluss des Geschlechtes auf das Outcome dieser Patienten prospektiv zu untersuchen.
Ergebnisse der Studie
Die untersuchte Kohorte bestand – wie zu erwarten – aus deutlich mehr Frauen (82%). Die Männer waren jünger, ihre Diagnosestellung lag kürzer zurück, sie waren häufiger Raucher oder Ex-Raucher, gaben eine stärkere Dyspnoe an und hatten häufiger eine diffuse Hautbeteiligung. Außerdem lag bei Männern initial eine insgesamt eingeschränktere Lungenfunktion (forcierte Vitalkapazität (FVC), Diffusionskapazität von Kohlenmonoxid (DLCO)) vor.
Auch wenn sich nach 12 Monaten kein statistisch signifikanter geschlechtsabhängiger Progress der Lungenbeteiligung feststellen ließ, war die Todesrate bei Männern eindeutig höher als bei Frauen. Prädiktor für einen stärkeren Progress bei Frauen war lediglich ein höheres Patientenalter. Erhöhte Anti-Zentromer-Antikörper waren ein unabhängiger protektiver Faktor, eine höhere FVC könnte möglicherweise ebenfalls eine geringere Progressionswahrscheinlichkeit beim weiblichen Geschlecht voraussagen. Bei Männern ließ sich nur eine geringe Assoziation mit der Erkrankungsdauer und der FVC in Bezug auf eine starke Progression nach 12 Monaten feststellen. Die New York Heart Association (NYHA)-Klasse konnte beim weiblichen Geschlecht als Prädiktor für einen letalen Ausgang identifiziert werden.
Auch nach 24 Monaten war die Mortalität beim männlichen Geschlecht eindeutig höher als beim weiblichen. Jedoch ließen sich nach 2 Jahren bei den Frauen signifikant häufiger stärkere Progresse nachweisen. Beim weiblichen Geschlecht war in diesem Zeitfenster die Einnahme einer immunsuppressiven Therapie ein unabhängiger protektiver Einflussfaktor für eine Progression, eine höhere FVC bedeutete tendenziell ein geringeres Risiko hierfür. Die DLCO zeigte bei den Frauen eine leichte Assoziation mit dem Tod. Für das männliche Geschlecht ließ sich nach 24 Monaten in der multivarianten Analyse kein Prädiktor für einen Progress erheben.
Weibliche SSc-ILD Patienten zeigten insgesamt ein besseres Überleben als männliche Betroffene.
Unabhängig vom Geschlecht war die Todesursache bei der Mehrheit der Patienten der vorliegenden ILD geschuldet.
Fazit für die Praxis
Männer mit SSc und ILD haben eine schlechtere Prognose als Frauen, möglicherweise weil sie einen früheren Verlust der Lungenfunktion erleiden. Zudem gibt es unterschiedliche geschlechtsspezifische Prädiktoren für den Progress einer SSc-ILD. Dies sollte – insbesondere solange progressive Verläufe noch unzureichend prognostiziert werden können – im Rahmen der Diagnostik und Therapie von betroffenen Patienten unbedingt beachtet werden. Das bedeutet, weiterführende pneumologische Vorstellungen und hochauflösende Computertomografien des Thorax – vor allem bei prognostisch ungünstigen Merkmalen – müssen unbedingt frühzeitig in Erwägung gezogen werden. Neben einer adäquaten immunmodulierenden Therapie sollte auch eine antifibrotische Therapie bei vorliegender fibrosierender ILD bei entsprechenden Risikofaktoren frühzeitig und großzügig in Betracht gezogen werden.
Disclosure Statement
Der Autor erhielt Vortrags-/Beraterhonorare von AstraZeneca, Boehringer Ingelheim und Novartis.