Die Möglichkeiten der Sauna im Rahmen von Präventionsmaßnahmen aber auch der Therapie werden bei Weitem nicht ausgeschöpft. In diesem Beitrag werden neuere Erkenntnisse vorgestellt, die das präventive und therapeutische Potenzial von Sauna bei einer Reihe von Zivilisationserkrankungen aufzeigen. Als Beispiele seien die Abhärtung gegen grippale Infekte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen genannt sowie der Einsatz im Rahmen von Schmerztherapie z.B. bei der Fibromyalgie. Sauna ist aber auch eine empfehlenswerte Intervention zur Stressprophylaxe und bei Stoffwechselerkrankungen wie dem Diabetes Typ 2.

Sauna · Prevention · Lifestyle diseases · Cardiovascular diseases · Metabolic diseases · Pain therapy · Fibromyalgia · Stress · Type 2 diabetes

The benefits of using sauna in prevention and therapy could be enhanced. In this paper, new findings are reported underpinning the preventive and therapeutic potential of this intervention. Sauna can be helpful in toughening up and in supplementing pain management of e.g. fibromyalgia as well as in preventing and treating common lifestyle diseases, such as stress, metabolic diseases, or type 2 diabetes.

Sauna zählt wohl zu den am meisten unterschätzten Maßnahmen, die der Prävention vieler Erkrankungen dienen können. Meist wird sie heute nur mit dem Bereich von «Wellness» assoziiert, was aber an sich auch keine Abwertung bedeuten muss, da man heute zunehmend von der Wichtigkeit des seelische Gleichgewichts für die Erhaltung oder Wiedererlangung der Gesundheit überzeugt ist. Im Folgenden sollen die wesentlichsten neueren, medizinisch relevanten Ergebnisse betrachtet werden, die es zum Thema «Sauna und Prävention» gibt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Publikationen der letzten 5 Jahre und auf den heutigen Zivilisationserkrankungen der westlichen Welt, im Einzelfall wurden aber auch ältere Arbeiten herangezogen. Zusätzlich werden auch einzelne Ergebnisse zitiert, die sich nicht auf die typische finnische Sauna, sondern auf andere Überwärmungsmaßnahmen beziehen.

Bei den meisten ist die Sauna eng mit dem Gedanken der «Abhärtung» verbunden, worunter man in medizinischem Sinne die allgemeine Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten, insbesondere gegenüber grippalen Infekten versteht. Dabei kommt thermischen Reizen allgemein und der Sauna speziell eine besondere Bedeutung zu. Die Mechanismen der Abhärtung umfassen:

- Optimierung von Temperaturhaushalt und Durchblutungsregulation von Haut und Schleimhäuten

- Vegetative Stabilisierung mit Abnahme des Sympathikotonus

- Anregung unspezifischer Resistenzparameter

- Stärkung des antioxydativen Schutzpotenzials und damit bessere Abwehr freier Radikale (Fig. 1)

Fig. 1

Bei der Abhärtung spielen vielfältige Mechanismen eine Rolle.

Fig. 1

Bei der Abhärtung spielen vielfältige Mechanismen eine Rolle.

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Eine zusammenfassende Übersicht zu den jeweiligen Abhärtungsmechanismen findet sich in früheren Arbeiten [1, 2].

Regelmäßiger Saunabesuch senkt sowohl im Kindes- als auch Erwachsenenalter die Häufigkeit und Schwere grippaler Infekte deutlich [3, 4, 5, 6, 7, 8]. Bei Sportlern (Mittelstreckenläufer im Vergleich zu Untrainierten) ist das Immunsystem offenbar stärker stimulierbar [9]. Unter den Finnen ging im Zweiten Weltkrieg das Vertrauen in die Wirkung von Sauna sogar so weit, dass man sie als Hauptmaßnahme zur Vorbeugung von Typhus nutzte [10]. Allerdings gibt es bisher keine Hinweise, dass durch Sauna auch die spezifischen Immunantworten beeinflusst werden können [11].

Beeinflussung des Radikalmetabolismus

Auch wenn die Mechanismen der Abhärtung vielfältig sind, scheint der Beeinflussung pro- und antioxidativer Vorgänge eine Schlüsselstellung in der Prävention allgemein zuzukommen, da freie Radikale an einer Vielzahl von Krankheitsprozessen beteiligt sind und wir sie andererseits in einer gewisse Menge beispielsweise zur Abtötung von Krankheitserregern auch brauchen. Daher sei diesem Thema ein eigener Abschnitt gewidmet. Krankmachend ist nur ein Überschuss an freien Radikalen. Die Sauna selbst scheint kurzfristigen Stress im Körper auszulösen, da sie die Bildung freier Radikale zunächst fördert; langfristig kommt es aber offenbar zu einer Stärkung antioxidativer Mechanismen und damit zu einer besseren Bewältigung von Radikalen [12, 13]. Zinchuk und Zhad'ko [14] fanden bei einer einzelnen Saunaanwendung ebenfalls eine vermehrte Bildung freier Radikale. Bei wiederholter Anwendung fiel die Reaktion jedoch zunehmend geringer aus. Nach Pilch und Mitarbeitern [15] kompensieren Sportler bei einem Saunabesuch den damit verbundenen oxidativen Stress besser und zeigen einen geringeren Anstieg von Parametern des Radikalmetabolismus. Langfristig haben hier also Sauna und körperliche Aktivität ähnlich positive Effekte.

Die Beeinflussung pro- und antioxydativer Vorgänge durch Sauna im Zusammenhang mit sportlicher Aktivität (30 min Aerobic) wurde aktuell von Sutkowy und Mitarbeitern [16] an 43 gesunden Männern untersucht. Im Vordergrund der Betrachtungen standen die an der Bildung und Bewältigung freier Radikale beteiligten enzymatischen Reaktionen wie Superoxiddismutase, Katalase oder Glutathion-Peroxidase und andere. Demnach ist die Sauna an sich zwar auch eine Quelle zur Bildung freier Radikale, eine Saunaanwendung nach aerobem Training kann die Belastung des Organismus durch freie Radikale jedoch reduzieren. Damit sind allerdings grundsätzliche Bedenken zur unmittelbaren Kombination von Sauna und Sport zumindest bei gesundheitlich angeschlagenen Personen noch nicht aus dem Weg geräumt.

Auch bei Infrarot-Kabinen werden zunächst vermehrt freie Radikale gebildet, es kommt auch hier zur Ausbildung eines körpereigenen Schutzes in Form einer Stärkung antioxidativer Mechanismen [17]. Ein vergleichbarer Effekt konnte auch bei einer japanischen Versuchsgruppe aus Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in einer 60 °C-Infrarot-Kabine erzielt werden [18]. Allerdings handelte es sich - wie oft in Japan - um eine sogenannte Waon-Therapie, bei der die Patienten zum Nachschwitzen nach der Wärmeanwendung in spezielle Wärmedecken eingepackt werden. (Es sei angemerkt, dass das «Einpacken» in ein Laken und eine Wolldecke im Sinne einer Packung nach einer typischen finnischen Sauna bis vor Jahren auch in Deutschland üblich war und ein Teil der Untersuchungsergebnisse auf dieser Art der Saunaanwendung basiert.) Nach 4 Wochen zeigte sich bei den japanischen Untersuchungen ein Absinken von Reaktionsprodukten freier Radikale - d.h., die Belastung durch freie Radikale nahm ab. Von besonderem Interesse ist auch, dass ebenfalls untersuchte Stickoxide, die die Gefäße erweitern, anstiegen. Die Autoren bestätigten ihre Befunde durch Tierversuche. Bei Hamstern kam es zu einem Abfall von 4-Hydroxynonenal, einem wichtigen Parameter des Radikalmetabolismus.

Beeinflussung der Thermoregulation

Wie nicht anders zu erwarten, wird der Thermohaushalt des Menschen durch wiederholte Saunaanwendungen nachhaltig beeinflusst. Durch die bessere Hautdurchblutung steigt die Hauttemperatur, während gleichzeitig die Körperkerntemperatur um wenige Zehntel Grad sinkt [19]. Die Schweißproduktion unter Wärmebedingungen steigt an. Der Anstieg der Rektaltemperatur in der Sauna fällt bereits nach nur wenigen Saunabesuchen geringer aus, wie eine Untersuchung an 20 gesunden jungen Frauen ergab, die insgesamt 7 Mal die Sauna besuchten [20]. Dies scheint zunächst von nur geringer Bedeutung zu sein, jedoch ist eine geringere Körperkerntemperatur unter anderem wegen der in geringerem Umfang auftretenden DNA-Brüche ganz allgemein mit einer längeren Lebenserwartung verbunden.

Die günstigen Effekte der Sauna bei Durchblutungsstörungen, der koronaren Herzerkrankung und insbesondere dem Hypertonus können als gesichert angesehen werden - vermeidet man Übertreibungen sowie das Tauchbecken und berücksichtigt das Stadium der Erkrankung. Die Übergänge zwischen primärer oder sekundärer Prävention und Therapie sind dabei fließend. Dennoch gibt es gerade bei diesem Thema viel Skepsis von internistischer bzw. kardiologischer Seite. So hat zuletzt Kluger 2011 [21] auf den Widerspruch zwischen Warnungen vor Saunagängen bei Herz-Kreislauf-Patienten und den nachgewiesenen günstigen Wirkungen hingewiesen. Neuere Befunde können möglicherweise zur Verbreitung des Saunagedankens beitragen. In einer systematischen Literaturanalyse kamen Brockow und Mitarbeiter zwar noch 2011 [22] zu dem Ergebnis, dass einerseits ausreichend Hinweise für die positiven Effekte von körperlichem Training auf eine Verbesserung der Endothelzellfunktion der Blutgefäße vorliegen, dass dieser Nachweis aber für die systemische Hyperthermie aufgrund fehlender und zeitgemäßer Studien noch aussteht. In den letzten Jahren hat sich auf diesem Gebiet jedoch einiges getan. Zwar fehlen nach wie vor randomisierte Studien in ausreichender Qualität, dennoch spricht die Gesamtheit der jetzt vorliegenden Ergebnisse dafür, dass Sauna und vergleichbare systemische Hyperthermien deutlich positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System zeigen.

So war die Beeinflussung der Endothelzellfunktion durch Überwärmungsmaßnahmen oder physisches Training in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand von Untersuchungen. Nach Persiianova-Dubrova und Badalov [23] verbessern sowohl die finnische Sauna als auch Infrarot-Kabinen bei Herz-Kreislauf-Patienten die Endothelzellfunktion. Außerdem wurde die Herzfrequenzvariabilität günstig beeinflusst und neben einer Reduzierung des oxidativen Stresses die Leistungsfähigkeit erhöht.

Der Parameter «Herzfrequenzvariabilität» wurde am Berliner Universitätsklinikum Charité (vormals Bereich Medizin (Charité) der Humboldt-Universität zu Berlin) schon vor Jahrzehnten zur Beurteilung des kardialen vegetativen Tonus bei Hypertonikern im Zusammenhang mit Sauna und anderen Physiotherapie-Maßnahmen herangezogen. Dabei konnte z.B. von Conradi [24] sowie von Winterfeld und Kollegen [25] neben einer Blutdrucksenkung eine langfristige Abnahme des kardialen Einflusses durch den Sympathikus nachgewiesen werden. Gayda et al. bestätigten 2012 [26, 27] abermals die günstigen Saunawirkungen an 16 bisher unbehandelten Hypertonikern. Die Sauna wirkte sich positiv auf den mittleren Blutdruck einer 24-h-Blutdruckmessung aus. Die Blutdrucksenkung ist vorwiegend auf einen reduzierten peripheren Gefäßwiderstand zurückzuführen.

Die vorliegenden Befunde wurden im Rahmen der Grundlagenforschung durch Tierversuche bestätigt. Sobajima und Kollegen berichteten 2011 [28] über Versuche an Ratten mit einem experimentell erzeugten Herzinfarkt (Unterbindung eines Koronargefäßes). Täglich wurden die Tiere dann einer Infrarot-Hyperthermie für 15 min (41 °C, danach jeweils 20 min bei 34 °C) ausgesetzt. Darunter verbesserte sich die Blutgefäßneubildung am Herzen, wobei als Ursache eine gesteigerte Stickoxid-Produktion in den Blutgefäßwänden genannt wurde. 2013 berichteten die gleichen Autoren [29] Erfolge bei einer Behandlung von Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung in einer Niedrigtemperatur-Infrarot-Kabine. 16 Patienten gingen täglich für 15 min in die Wärmekabine (60 °C Lufttemperatur) und ruhten anschließend für 30 min nach. Zusätzlich wurden 8 Patienten einer Vergleichsgruppe zugeordnet. Methodisch wurde die Myokard-Perfusionsszintigraphie zur Erfassung der Herzmuskel-Durchblutung eingesetzt. Nach 3 Wochen hatte sich die Durchblutung des Herzens bei den mit Infrarot Behandelten erhöht. Als Schlussfolgerung aus ihren Untersuchungen hatten die Autoren Sauna als neuartige, nichtinvasive Therapie für Herz-Patienten empfohlen.

In einer randomisierten Crossover-Studie zur Verträglichkeit und Akzeptanz der Sauna untersuchten Basford und Mitarbeiter 2009 [30] 9 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in den Stadien NYHA III oder IV. Sie besuchten die Sauna 3 Mal pro Woche über einen Zeitraum von 4 Wochen. Die Verträglichkeit war gut, unerwünschte Wirkungen traten nicht auf. Die Belastbarkeit auf dem Fahrrad-Ergometer änderte sich nicht, allerdings sank im Vergleich zu einer Kontrollphase der Noradrenalin-Spiegel im Blut unter Ruhebedingungen signifikant um 24%, was einer geringeren Stressbelastung für das Herz gleich kommt und inhaltlich mit dem Effekt einer Betablocker-Therapie verglichen werden kann. Welche Auswirkungen dies für den Krankheitsverlauf hat, wäre durch weitere Untersuchungen zu klären.

Von 129 Patienten mit einer höhergradigen Herzinsuffizienz in den Stadien NYHA III oder IV wurden in einer randomisierten Studie 64 Patienten anfangs 5 Mal und dann 2 Mal wöchentlich für jeweils 15 min in einer 60 °C-Infrarot-Kabine behandelt [31]. 65 weitere Patienten dienten als Kontrollgruppe. Die Untersuchung lief über 5 Jahre. In der Kontrollgruppe verstarben 12 Patienten, in der Hyperthermie-Gruppe 8 Patienten. Im Verlauf der 5 Jahre traten schwerwiegende kardiale Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, oder kardiale Dekompensation bei 68,7% der Kontrollgruppe aber nur bei 31,3% der Hyperthermie-Gruppe auf (p < 0,01). Auch hieraus könnte sich ein neuer, nicht-pharmakologischer Therapieansatz zur chronischen Herzinsuffizienz ergeben, wenn sich diese Befunde bestätigen lassen.

Der Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der häufigsten Zivilisationskrankheiten der westlichen Welt und hängt in bedeutendem Maße mit dem Lebensstil zusammen. Bewegung und Ernährung sowie Vermeidung von Übergewicht sind allgemein anerkannte Eckpfeiler einer Prävention, aber auch Therapie des Typ-2-Diabetes. In Anbetracht der Häufigkeit des Diabetes und der oft schwerwiegenden Komplikationen sind alle neuen Therapieansätze sehr zu begrüßen. Nach McCarty und Mitarbeitern [32] können Sauna oder warme Bäder ähnlich wie physisches Training die Empfindlichkeit der Gewebe gegenüber Insulin durch eine Beeinflussung der endothelialen NO-Synthese erhöhen. Sollte sich der Befund erhärten, wäre dies eine Alternative für die Patienten, die zum aktiven körperlichen Training nicht in der Lage sind. Für alle übrigen wäre z.B. die Sauna eine willkommene Therapieergänzung.

Möglicherweise können Hyperthermie-Maßnahmen auch einer der schwerwiegendsten Komplikationen beim Diabetes - der diabetischen Makro- und Mikroangiopathie - vorbeugen bzw. ihren Verlauf günstig beeinflussen. Huang et al. konnten 2012 [33] an Mäusen mit experimentell erzeugten Durchblutungsstörungen zeigen, dass durch Überwärmung mittels Infrarot-Strahlung die Angioneogenese sowie die Ausbildung von Kollateralen angeregt werden kann.

Bei allen ermutigenden biochemischen oder tierexperimentellen Befunden sollte man nicht vergessen, dass für den betroffenen Patienten die Lebensqualität von ganz entscheidender Bedeutung ist. Auch hier können Wärmemaßnahmen viel bewirken. Beever berichtete 2010 [34] über kanadische Patienten, die über einen Zeitraum von 3 Monaten 2 Mal wöchentlich für jeweils 20 min eine Infrarot-Kabine nutzten. Die Lebensqualität wurde mittels des renommierten Fragebogens SF-36 erfasst. Parameter des allgemeinen Gesundheitszustandes und soziale Parameter zeigten eine Besserung. Auch Stressindikatoren und Müdigkeit veränderten sich in eine positive Richtung. Am Rande sei angemerkt, dass die Akzeptanz der Infrarot-Hyperthermie in der Gesamtstichprobe größer war als die Akzeptanz anderer lebensstilbezogener Interventionen.

Zur Wirkung der Sauna auf den Lipidstoffwechsel gibt es nur wenige Untersuchungen. In Anbetracht der Tatsache, dass eine Hyperlipidaemie immer noch als ein wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen angesehen wird, sind Untersuchungen zu diesem Thema wichtig. Pilch und Kollegen berichteten 2010 [20] über Messungen an 20 gesunden jungen Frauen. Nach insgesamt 7 Saunabesuchen im Abstand von 2 Tagen fanden sie einen Abfall des Gesamtcholesterins und des LDL, das als einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung einer Arteriosklerose gilt. Das von vielen als positiv angesehene HDL war dagegen angestiegen.

Seit einigen Jahren versucht man auch zu ergründen, auf welcher neurophysiologischen Grundlage Wärme ein allgemeines Wohlbefinden zu vermitteln vermag. Dass sich dieses dann wiederum positiv auf den allgemeinen Gesundheitszustand auswirken und einer allgemeinen Prävention dienlich sein kann, dürfte auf der Hand liegen. Lowry et al. gingen 2009 [35] der These nach, dass bestimmte temperaturabhängige Neurone mit Serotonin-Rezeptoren im Zentralnervensystem das Verhalten regulieren. Eine Dysregulation dieser Rezeptoren könnte für viele stressabhängige Krankheiten verantwortlich sein, und Wärme könnte einen positiven Einfluss nehmen. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass das durch Sauna oder vergleichbare Maßnahmen hervorgerufene Wohlbefinden die Compliance der Patienten fördert. 2012 berichteten Ross und Sternquist [36] in einer Studie über Saunaanwendungen, die zusammen mit einer Ernährungstherapie das subjektive Befinden und damit auch die Compliance bei einer Entwöhnungsbehandlung nach Aphetamin-Missbrauch signifikant verbesserten.

Bei rheumatischen oder degenerativen Erkrankungen ist es oft ein wichtiges Therapieziel, der Chronifizierung von Schmerzen vorzubeugen.

2009 beschrieben Oosterveld und Mitarbeiter [37] den Effekt einer 4-wöchigen Therapie mit 2 Mal wöchentlicher Infrarot-Sauna bei jeweils 17 Patienten mit rheumatoider Arthritis bzw. Morbus Bechterew. Unmittelbar nach jeder Behandlung besserten sich Schmerzen und Steifigkeit ebenso wie Müdigkeit signifikant. Als Langzeiteffekt zeigte sich ebenfalls eine positive Tendenz. Allerdings konnte kein Einfluss auf die entzündliche Krankheitsaktivität genommen werden. Daraus lässt sich die grundlegende Schlussfolgerung ableiten, dass es eben mit einer ausschließlichen Bewertung des subjektiven Befindens nicht getan ist.

Zunehmend häufig wird als nicht-entzündliche Erkrankung das Weichteilrheuma bzw. die Fibromyalgie diagnostiziert, die man meist als Schmerzerkrankung einordnet. Der Versuch, einer Chronifizierung der Schmerzen vorzubeugen, ist daher von großer Bedeutung. Zwar wird in erster Linie eine aktive Trainingstherapie empfohlen, viele Patienten bevorzugen aber zumindest anfangs Ruhe und Wärme. Neuere Ergebnisse scheinen dieser subjektiven Patientensicht zumindest teilweise auch Recht zu geben. Matsumoto und Mitarbeiter berichteten 2011 in einer unkontrollierten Studie [38] über 44 weibliche Fibromyalgie-Patienten, die über 12 Wochen 3 Mal wöchentlich die Sauna besuchten und 1 Mal in der Woche ins Bewegungsbad gingen. Die Schmerzen verringerten sich signifikant um 31-77% (Visuelle Analogskala), die Lebensqualität verbesserte sich (SF-36). Es ist hervorzuheben, dass bei einer Follow-up-Untersuchung nach 6 Monaten die Schmerzlinderung erhalten blieb (Schmerzreduktion zwischen 28 und 68%).

Von besonderer volkswirtschaftlicher Relevanz ist das Thema «chronischer Rückenschmerz». Als Ergebnis systematischer Literaturanalysen fand sich in der Cochrane-Datenbank nur eine für das vorliegende Thema relevante Quelle aus dem Jahr 2006 [39]. Dieser zufolge gibt es eine «moderate Evidenz» zur Reduktion von Rückenschmerzen und den damit verbundenen Einschränkungen durch Wärmebehandlungen nur dann, wenn die Rückenschmerzen längstens 3 Monate bestehen. Der Effekt scheint stärker auszufallen, wenn zusätzlich zur Wärme eine aktive Therapie zum Einsatz kommt.

Aufgüsse haben in der Sauna einen Eventcharakter und führen zu einem zusätzlichen intensiven Wärmeeinstrom in den Körper sowie zu einer Behinderung der Schweißverdunstung. Zunehmend werden in den letzten Jahren dem Aufguss auch ätherische Öle zugesetzt. Der Effekt derartiger Zusätze ist wenig untersucht. Zwar wurden antimikrobielle, schmerzlindernde und antientzündliche Effekte beschrieben [40], welche klinische Relevanz diese jedoch besitzen, sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Weitgehend unbestritten ist die positive Wirkung ätherischer Öle auf die Psyche des Menschen, was im Rahmen einer allgemeinen Prävention durchaus von Bedeutung ist. Dabei kann das Ritual der Aufgussprozedur aber auch eine nicht unerhebliche Rolle spielen.

Der vorliegende Beitrag fasst zwar in erster Linie neuere Erkenntnisse zusammen, die einen präventiven Anspruch der Sauna unterstreichen, allerdings sind dabei die Übergänge zur Therapie fließend (Fig. 2). Aus diesem Grund sollen nachfolgend noch die traditionell wichtigsten Indikationen und Kontraindikationen aufgelistet werden, auch wenn diese oftmals nur der Erfahrung entspringen und nicht immer durch Studien belegt sind [41].

Fig. 2

Das Potenzial der Sauna in der Medizin ist vielfältig. Schwerpunkte bilden sicher die Prävention und die Rehabilitation, aber auch im Rahmen der Therapie gibt es viele Möglichkeiten.

Fig. 2

Das Potenzial der Sauna in der Medizin ist vielfältig. Schwerpunkte bilden sicher die Prävention und die Rehabilitation, aber auch im Rahmen der Therapie gibt es viele Möglichkeiten.

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Traditionelle Indikationen

- Infektneigung

- Chronische Bronchitis, Asthma bronchiale

- Degenerative Wirbelsäulenleiden sowie Arthrosen

- Rheumatische Erkrankungen entzündlicher Genese außerhalb des akuten Schubes

- Fibromyalgie

- Leichter und mittelschwerer arterieller Hypertonus ohne Organschäden (kein Tauchbecken!)

- Hypotonie (Kaltreize betonen!)

- Arterielle Verschlusskrankheit in den Stadien I und II (NYHA-III und -IV im Stadium der Prüfung)

- Koronare Herzkerkrankung: Die Belastbarkeit sollte über 75 Watt liegen. Nach einem Herzinfarkt sollte der Saunabesuch erst nach 3 bis 6 Monaten erfolgen.

- Herzinsuffizienz NYHA-I bis -II (Entlastung durch Vasolilatation)

- Chronische Adnexitiden (Wärmewirkung, Durchblutungssteigerung)

- Post-Menopausen-Syndrom

- Schwangerschaftsödeme

- Prostataadenom (mögliche Verbesserung des Harnflusses durch Entstauung)

- Depressionen (Freisetzung von Endorphinen)

- Folgezustände nach Apoplex (Verringerung der Spastik nach Wärme)

- Psoriasis: Weniger Schübe durch gesenkte Infektanfälligkeit

- Neurodermitis, Sklerodermie (individuelle Verträglichkeit sehr verschieden)

- Otogener Schwindel

- Glaukom

- Vegetative Störungen

- Begleitend im Rahmen komplexer Programme (Raucherentwöhnung, Adipositas)

Kontraindikationen

- Akute, nicht abgeklärte Erkrankungen

- Fieberhafter Infekt sowie allgemein Fieber unbekannter Ursache

- Herzbelastbarkeit unter weniger als 75 Watt über 15 min

- ‘Organisch' bedingte schwerwiegende Herzrhythmusstörungen

- Höhergradige Herzinsuffizienz ab NYHA-III oder Belastbarkeit unter 75 Watt, wenn sie auch unter Therapie bestehen bleibt

- Herzklappenersatz (Ausnahmen je nach Thrombosegefährdung möglich)

- Arterielle Verschlusskrankheit, zumindest ab Stadium IIb

- Komplizierte Venenleiden (wiederholte Thrombosen, Ulcus cruris)

- Lymphödeme

- Schwere Hautveränderungen (problematisch beim Besuch einer öffentlichen Sauna)

- Neu aufgetretene oder nicht stabil eingestellte Überfunktion der Schilddrüse

- Magengeschwüre mit Blutungsneigung

- Multiple Sklerose

Die Möglichkeiten einer regelmäßigen Saunaanwendung gehen also über den Wellnessaspekt weit hinaus und sollten im Rahmen der Medizin vermehrt Beachtung finden und genutzt werden.

Der Autor erklärt hiermit, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf das vorliegende Manuskript bestehen.

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