Abstract
Die Gesamtarbeit (Teil 1 und 2) befasst sich mit der Semantik der Chaostheorie. Mit Hilfe von sechs allgemeinen und sechs speziellen empirischen Grundeigenschaften, die unmittelbar aus Beobachtungen chaotischer Systeme erhoben werden kÖnnen, gelangen wir im Teil 1 «Die sechs Grundeigenschaften des Chaos und eine Prozess-Orientierte Psychiatrie (POPSY)» zu einer mathematischphysikalisch stichhaltigen Betrachtung psychiatrischer PhÄnomene, die bisher nur intuitiv erfasst werden konnten: Chaotische Systeme sind im Sinne allgemeiner Eigenschaften dynamisch, sinnvoll angeordnet, deterministisch. rekursiv, reaktiv und strukturiert; zusÄtzlich sind sie im Sinne spezieller Eigenschaften selbstorganisierend, nicht vorhersagbar, nicht reproduzierbar, dreiheitlich, sprunghaft und selbstÄhnlich. Wir werden auch im Teil 1 sehen, inwiefern Begriffe der Chaostheorie mit entsprechenden Begriffen der Psychiatrie in Einklang gebracht werden kÖnnen. Vier Hauptaspekte dieser Entsprechung: (1) das Erkennen, (2) das Ermessen, (3) das Vorhersagen und (4) die Steuerung von Chaos bzw. von psychiatrischen StÖrungen werden analysiert. Verschiedene psychiatrische PhÄnomene, vor allem die Schizophrenie, werden als chaotische Prozesse verstanden. Insbesondere wird eine kritische GegenÜberstellung von klassifizierender und prozessorientierter Psychiatrie vorgestellt. Das Thema «Psychiatrische StÖrung als dynamische Krankheit bzw. als Informationsverarbeitungspathologie» wird eingehend diskutiert. (Im Teil 2, «Neue Hypothese zur Natur der Psychose», werden chaostheoretische Begriffe in Zusammenhang mit entsprechenden Begriffen der Psychologie und Psychotherapie gebracht, und verschiedene psychologische und psychotherapeutische PhÄnomene, vor allem der Verlauf der Psychose und der Prozess der Aktiven Imagination, werden als chaotische Prozesse analysiert. Insbesondere werden wir dort eine neue Hypothese zur Natur des mentalen Zustandes der Psychose als eine «lineare» Informationsverarbeitungspathologie einfÜhren.)