Pflanzliche Zubereitungen sind ein wichtiger Bestandteil der Komplementärmedizin und erfreuen sich aufgrund ihrer groβen therapeutischen Breite und geringen Nebenwirkungsrate bei Tumorpatienten einer groβen Beliebtheit. Beispielsweise wirken Extrakte aus Johanniskraut (Hypericum perforatum) antidepressiv, besitzen aber nicht die typischen Nebenwirkungen synthetischer Antidepressiva. Zubereitungen aus Pflanzen können demnach die Lebensqualität der Patienten verbessern oder, wie im Fall der Mistel (Viscum album) und des indischen Weihrauchs (Boswellia serrata), auch einen darüber hinausgehenden therapeutischen Effekt besitzen. Allerdings können pflanzliche Vielstoffgemische genau wie synthetische Arzneistoffe die Bioverfügbarkeit von Arzneistoffen verändern und damit auch das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Chemotherapeutika verschlechtern, wobei eine Zunahme der Toxizität oder Abnahme der therapeutischen Wirkung in der Regel durch eine Inhibition oder Induktion von Fremdstoff metabolisierenden Enzymen und/oder Transportvorgängen verursacht wird. Zum Beispiel wird die Bioverfügbarkeit der Zytostatika Irinotecan und Imatinib durch die Anwendung Hyperforin-haltiger Johanniskrautextrakte klinisch relevant um 41 bzw. 30% vermindert, weil Hyperforin die Expression des für den Metabolismus und Transport von vielen Zytostatika hauptsächlich verantwortlichen Cytochrom-P450-Enzyms 3A4 (CYP3A4) und des Effluxtransporters P-Glykoprotein (P-gp) steigert. Eine klinisch relevante Hemmung von CYP3A4 oder P-gp durch Phytotherapeutika wurde bei Krebsmedikamenten bisher noch nicht gezeigt. Allerdings erscheint diese sehr wahrscheinlich, da z.B. für die in Europa vor allem im Internet erhältlichen Zubereitungen aus der Kanadischen Gelbwurz (Goldenseal, Hydrastis canadensis) und Wu Wei Zi (Schisandra sphenanthera/chinensis) eine Hemmung von CYP3A4 und P-gp sowohl durch In-vitro- als auch In-vivo-Studien gezeigt werden konnte.

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