Abstract
Mit «alternativ» werden solche Behandlungsansätze bezeichnet, die von der naturwissenschaftlichen Medizin eher abgelehnt werden, was zu Konflikten beim Patien-ten selber, aber auch zwischen Arzt, Patienten und Pflegenden führen kann. Die Bedeutsamkeit für die Patienten beruht auf drei Komponenten: der möglichen Heilkraft dieses Verfahrens, dem Spannungsfeld im Beziehungskontext und den alternativmedizinischen Aktivitäten im Kontext der Krankheitsbewältigung. Die Verwendung naturwissenschaftlich nicht abgesicherter Heilmittel ist vor allem bei chronisch Kranken weit verbreitet. In einer Studie an Patienten mit Morbus Hodgkin, metastasierendem Kolonkarzinom und kurativ behandelten Mammakarzinompatientinnen ergab sich, dass die Häufigkeit der Anwendung von alternativen Methoden je nach Erkrankungsdauer zwischen 50 und 100% rangierte, bei gleichzeitiger onkologischer Behandlung. Die Haltung der Ärzte wurde überwiegend als kritisch bezeichnet, wobei hier im wesentlichen die Universitätsmediziner gemeint waren. Die Motivation der Befragten hatte in überwiegender Zahl eine unterstützende, selbstverantwortliche Ergänzung der onkologischen Therapie zum Ziel, ohne dass tatsächlich eine echte Alternative mit Heilungsanspruch gesucht worden ware. Den befragten Patienten geht es um eine tolerante Haltung auch der naturwissenschaftlich geprägten Medizin, ohne die Gefahr, die von unrealistischen Heilungsversprechen und modischen Trends ausgeht, zu übersehen.