Einleitung und Fragestellung: Seit den 50er Jahren werden Veränderungen der Haut und des Subkutangewebes in Zusammenhang mit inneren Organerkrankungen gebracht (sogenannte bindegewebige Zonen). Sie sind Grundlage verschiedener physikalischer Behandlungen und weiterer, reflexiv orientierter Therapie. Die bisherigen Beobachtungen sind empirischer Natur, die Lokalisation und die Qualität solcher «Zonen» sollte an einem gut standardisierten Krankheitsbild überprüft werden. Als nosologische Entität wurde die sogenannte Pillenhepatopathie ausgewählt (mögliche Veränderungen im Leber-Galle-System bei antiovulatorischer Medikation). Methoden: In einer untersucherblinden Querschnittsstudie werden 100 junge Frauen auf die Existenz und auf den eventuellen Ausprägungsgrad &lasuo;bindegewebiger’ Veränderungen untersucht. An empirisch festgelegten Regionen des Thorax wird untersucht, wie gut eine Hautfalte (Cutis und Subcutis) von der Körperfaszie abge-hoben werden kann (sogenannte Verhaftung), es wird die Konsistenz der jeweils ab-gehobenen Gewebe geschätzt (sogenannte Induration), und es wird die Schmerzhaftigkeit bei mechanischer Manipulation (Kneifschmerz) beurteilt. Für jede dieser 3 Qualitäten werden Scores (1-6 Punkte) geschätzt. In der späteren Auswertung werden für jeden Patienten die individuellen Differenzen zwischen den Befunden an der rechten und an der linken Körperhälfte gebildet. Erst nach einem verbindlichen Protokoll der erhobenen Gewebebefunde werden die Probandinnen nach ihrer für das Leber-Galle-System relevanten Anamnese und Beschwerden, nach ihrem Medi-kamenten- und Alkoholkonsum und nach der Einnahme oraler, hormoneller Ovulationshemmer gefragt. Ergebnisse: Bei 44 Probandinnen mit antiovulatorischer Medikation seit mindestens einem Monat (Gruppe I; Median = 21, Minimum = 1, Maximum = 75) sind solche bindegewebigen Qualitäten signifikant starker ausgeprägt als bei 33 Probandinnen (Gruppe III) mit bislang nicht stattgehabter hormoneller Antikonzeption. 23 Probandinnen mit seit mindestens einem Monat abgesetzter Antikonzeption (Gruppe II; 18, 3, 84 Monate) liegen im Ausprägungsgrad ‘bindegewebiger’ Veränderungen überwiegend zwischen den bisher genannten Gruppen. In bezug auf die medizinische Vorgeschichte, aktuelle, eventuell auf die Leber zu beziehende Beschwerden, Medikamenteneinnahme und Alkoholkonsum unterscheiden sich die 3 Gruppen nicht. Als die zuverlässigsten Körperregionen mit der grössten Trennschärfe (Gruppen I und III) erweisen sich der Bereich des Brustkorbrandes in Höhe von Th 8-9 paravertebral, der Bereich des Angulus inferior scapulae in Höhe von Th 6 und der Bereich zwischen dem inneren oberen Schulterblattwinkel und der Wirbelsäule in Höhe des Uberganges C 4/Th 2. Von den untersuchten Gewebequalitäten (s. oben) trennt am besten das Phänomen «Schmerzhaftigkeit». Weitere Dosis-Wirkungs-Beziehungen bestehen in der Gruppe I für die Dauer der Hormoneinnahme; für die Dosis gestagener und östrogener Äquivalenzen pro Monatszyklus können entsprechende Beziehungen nicht hergestellt werden. Schlussfolgerungen: Minimale pharmakologische Noxen im Sinne der untersuchten Medikation sind also bereits in der Lage, bei sonst gesunden jungen Frauen geweb-liche Veränderungen im Bereich reflexiv zugeordneter Zonen der Körperoberfläche zu induzieren. Die Genese solcher Veränderungen wird mit dem pathophysiolo-gischen Konzept der (sympathischen) Reflexdystrophie zu erklären versucht.

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