Hintergrund: Wissenschaftliche Studien zum mentalen Zustand sterbender Personen in den Wochen und Tagen vor dem Tod liegen bisher nur vereinzelt vor. Bekannt ist, dass die Spiritualität zum Lebensende hin eine wichtigere Rolle einnimmt als zuvor. In der Anthroposophie wird davon ausgegangen, dass sich im Sterbeprozess die Seele und der Geist vom physischen Körper lösen und in die geistige Welt eingehen. Methode: Wir führten eine retrospektive Umfrage unter Ärzten und Pflegenden der Klinik Arlesheim durch. Der schriftliche Fragebogen bestand aus 60 geschlossenen und 5 offenen Fragen zu Beobachtungen und Wahrnehmungen von Erfahrungen am Lebensende (ELE). Ergebnisse: Der Rücklauf betrug 18% (21 Fragebögen). Folgende Phänomene wurden von den Befragten bei Patienten in deren letzten Lebenswochen am häufigsten beobachtet: Patienten verfügten plötzlich über viel Zuversicht und Energie; belastende Emotionen nahmen zu; Patienten nahmen phasenweise eine andere Realitätsebene wahr. ELE wurden von den Antwortenden als Quelle spirituellen Trosts für Sterbende und Angehörige empfunden. Schlussfolgerung: Ärzte und Pflegende in einem Spital für anthroposophisch erweiterte Medizin in der Schweiz berichteten von ähnlichen ELE ihrer Patientinnen und Patienten wie in zuvor in England durchgeführten Studien. Um sich im Umgang mit ELE sicherer zu fühlen, wünschten sich Ärzte und Pflegende mehr Informationen im Rahmen entsprechender Aus- oder Weiterbildungen.

Anthroposophically extended medicine · End-of-life experiences · Hallucinations · HallucinationDeathbed visions · Switzerland · Survey

End-of-Life Experiences: A Survey among Physicians and Nurses in a Hospital for Anthroposophically Extended MedicineBackground: The perceptions of dying persons during the last weeks and days of their lives have rarely been investigated. It is known that spirituality becomes more important towards the end of life. In anthroposophy, it is assumed that during the process of dying the soul and spirit are detached from the physical body and enter the spiritual world. Method: We conducted a retrospective survey among physicians and nurses working at the Klinik Arlesheim. The written questionnaire consisted of 60 closed and 5 open questions on observations and perceptions of end-of-life experiences (ELE). Results: The response rate was 18% (21 questionnaires). The phenomena observed most frequently in patients during their last weeks of life were as follows: patients suddenly possessed much confidence and energy; burdensome emotions were increased; patients commuted back and forth between different realities. The respondents described ELE as a source of spiritual comfort for the dying as well as the relatives. Conclusion: Physicians and nurses working in a hospital for anthroposophically extended medicine in Switzerland reported ELE of their patients similar to those reported in studies conducted in England. Physicians and nurses wished for more information during their education in order to feel more confident when dealing with ELE.

Immer wieder werden Beobachtungen von Bewusstseinsaufhellungen bei sterbenden Patienten kurz vor Eintritt des Todes, von visuellen oder auditiven Eindrücke der Sterbenden oder anderer Erfahrungen am Lebensende (end-of-life experiences; ELE) beschrieben. Diese scheinen sich nicht hinreichend durch Erkrankungen, Medikamente oder febrile Zustände erklären zu lassen [1,2,3,4,5,6]. In einer englischen Untersuchung mit Pflegefachpersonen gaben 62% der Befragten an, schon einmal ELE bei einem Patienten beobachtet zu haben [4]. Über die Häufigkeit und Verteilung von ELE in verschiedenen Institutionen bzw. bei verschiedenen Populationen ist bisher allgemein wenig bekannt [2].

Die Umstände in der Lebensendphase können - je nach Vorstellung über ein nachtodliches «Leben» - entscheidend für diese sein. In der Anthroposophie wird davon ausgegangen, dass sich im Sterbeprozess die Seele und der Geist vom physischen Körper lösen und in die geistige Welt eingehen. In diesem Sinn wird das Sterben als ein Geborenwerden und Erwachen, und nicht als ein Einschlafen verstanden [7]. Während des Sterbeprozesses - unmittelbar vor dem Tod - lassen sich 3 «Qualitäten» von ELE unterscheiden: 1) eine Lebensübersicht, bei der lange nicht mehr erinnerte Erlebnisse ins Bewusstsein treten, 2) innerlich-moralische Erlebnisse mit einer Bewertung des geführten Lebens und 3) ein «Samenkorn» aus Fähigkeiten, die sich aus den Lebenserfahrungen entwickelt haben, welches sich beim Sterben bildet [8].

Im deutschsprachigen Raum gibt es mehrere Studien darüber, woran, wo und in welchem Alter Menschen sterben. Auch die medizinische Versorgung am Lebensende und die Rolle von Patientenverfügungen wurden untersucht. Wissenschaftliche Studien zum mentalen Zustand sterbender Personen in den Wochen und Tagen vor dem Tod liegen bisher jedoch nur vereinzelt vor, obwohl bekannt ist, dass Spiritualität für kranke Menschen, und in deren Pflege zum Lebensende hin, allgemein eine wichtigere Rolle einnimmt als zuvor [9,10]. Nach den bisherigen Untersuchungen scheinen ELE sowohl für die Sterbenden als auch für die Angehörigen von Bedeutung zu sein und einen Einfluss auf den Sterbeprozess zu haben [11].

In einer großen Studie in einer schweizerischen onkologischen Klinik wurde festgestellt, dass das Sterben als Übergang in einen anderen Bewusstseinszustand aus 3 Phasen bestehend verstanden werden kann (Prä-Transition, Transition, Post-Transition). Dabei findet eine Transformation der Wahrnehmung statt, hin zu einem Zustand jenseits von Angst und Schmerzen, in dem das Ego nicht mehr dominiert [12]. Des Weiteren wurden in den letzten Jahren vor allem im angelsächsischen Raum vermehrt Arbeiten zu ELE publiziert [4,13,14,15,16,17].

In Anlehnung an diese Forschung führten wir in einem Spital für anthroposophisch erweiterte Medizin in der Schweiz eine Umfrage bei Ärzten und Pflegenden durch. Das Ziel bestand darin, deren Erfahrungen mit Patienten und Vorstellungen darüber, was ELE sein könnten, zu untersuchen.

An einer Klinik mit dem Schwerpunkt «anthroposophisch erweiterte Medizin» (Klinik Arlesheim AG, Arlesheim, Schweiz; 82 Betten) wurde an alle dort angestellten 120 Ärzte, Pflegenden und Psychotherapeuten ein Fragebogen mit 60 geschlossenen Fragen in 23 Blöcken verteilt. Zusätzlich waren 5 ergänzende offene Fragen enthalten, um besonders eindrückliche ELE schildern und eigene Angaben zu ELE machen zu können, für Erläuterung zu anderen Fragen oder für allgemeine Kommentare. Die Befragung erfolgte retrospektiv und bezog sich auf Erfahrungen während der letzten 5 Jahre. Die Themen (Items) des Fragebogens stammten aus einer in Großbritannien durchgeführten Studie [4]. Der englische Fragebogen war validiert, die von uns übersetzte Version war nicht validiert.

Die Umfrage fand zwischen Juni und September 2014 statt. Die Befragten wurden gebeten, Schilderungen von ELE anonym zu halten und das Berufsgeheimnis zu wahren. Alle angeschriebenen Personen wurden einmal via E-Mail an die Umfrage erinnert und um Teilnahme gebeten.

Die Auswertung der geschlossenen Fragen erfolgte deskriptiv mittels IBM SPSS Statistics 23.0 (Armonk, NY, USA). Die Antworten auf die offenen Fragen wurden zusammengefasst und zur Illustration oder zur Erklärung der Antworten auf die geschlossenen Fragen verwendet.

Der Rücklauf umfasste 21 Fragebögen (18%). Davon waren 20 ausgefüllt, und 1 wurde unausgefüllt mit einem Kommentar abgegeben. Die antwortenden Personen waren im Median 48 Jahre alt und begleiteten seit durchschnittlich 20 Jahren sterbende Menschen (Tab. 1).

Table 1

Persönliche Angaben der antwortenden Personen (n = 20)

Persönliche Angaben der antwortenden Personen (n = 20)
Persönliche Angaben der antwortenden Personen (n = 20)

Verschiedene Phänomene, die in den letzten Lebenswochen von Patienten auftraten und allgemein zu den ELE gezählt werden, wurden beobachtet (Tab. 2). Am häufigsten wurden folgende ELE genannt: Patienten verfügten plötzlich über viel Zuversicht und Energie (19 Nennungen); belastende Emotionen nahmen zu (17 Nennungen); Patienten schienen phasenweise eine andere Realitätsebene wahrzunehmen (17 Nennungen). Zum Beispiel wurde ein schwer kranker Patient beschrieben, der mit seinen Angehörigen, die zu Besuch im Hospiz waren, Kaffee trinken und Kuchen essen wollte, was aufgrund seines schwachen Zustands sehr ungewöhnlich war. Der Patient verstarb 2 Tage später. Mehrfach genannt wurden ferner Wahrnehmungen nicht anwesender Personen (16 Nennungen). Angaben darüber, wie oft diese Phänomene beobachtet worden waren, konnten die Befragten retrospektiv nicht machen.

Table 2

Ja-Antworten auf die Frage: «Haben Sie bei Patientinnen/Patienten während den letzten Lebenswochen eines der folgenden Phänomene beobachtet (Mehrfachnennungen möglich)?»; in absteigender Reihenfolge (n = 20)

Ja-Antworten auf die Frage: «Haben Sie bei Patientinnen/Patienten während den letzten Lebenswochen eines der folgenden Phänomene beobachtet (Mehrfachnennungen möglich)?»; in absteigender Reihenfolge (n = 20)
Ja-Antworten auf die Frage: «Haben Sie bei Patientinnen/Patienten während den letzten Lebenswochen eines der folgenden Phänomene beobachtet (Mehrfachnennungen möglich)?»; in absteigender Reihenfolge (n = 20)

Die Teilnehmenden wurden gebeten, besonders eindrückliche ELE oder ungewöhnliche Beobachtungen zu schildern. Eine Pflegende beschrieb ein gemeinsames Erlebnis mit einer Sterbenden: Die Pflegende sah eine Aureole in verschiedenen Farben um den Kopf der Patientin, während die Patientin dies gleichzeitig auch bei der Pflegenden wahrnahm. Mehrmals erwähnt wurde, dass Angehörige, aber auch Pflegende spürten, wenn Patienten starben, auch wenn sie selbst zu diesem Zeitpunkt nicht in der Klinik waren. Einer Pflegenden erschien eine Krebspatientin «nach oben schwebend». Später erfuhr sie, dass die Frau in derselben Nacht verstorben war.

ELE wurden von den Antwortenden als Quelle spirituellen Trosts für Sterbende und Angehörige empfunden (Tab. 3). Sie wurden in ihrer Qualität anders wahrgenommen als Halluzinationen, die beispielsweise durch Medikamente oder hohes Fieber hätten herbeigeführt werden können. Dabei schätzten die Ärzte und Pflegenden, dass sie ähnlich viele Patienten mit ELE betreut hatten, die unter bewusstseinsbeeinflussenden Medikamenten (z.B. Morphin) standen, wie Patienten, die solche Medikamente nicht einnahmen (Daten hier nicht ausgewiesen). Eine Pflegende merkte zu diesem Punkt an: «Ich meine zu beobachten, dass ELE durch ‹harte Drogen›, Chemo, ... erschwert wird.» Unklar war den Antwortenden, ob die Patienten zögerlich über ihre ELE sprachen, ob die ELE sich eher kurz vor dem Tod ereigneten oder ob das Erleben von ELE zu einem friedvolleren Tod führte (Tab. 3).

Table 3

Beschreibungen von ELE (n = 20)

Beschreibungen von ELE (n = 20)
Beschreibungen von ELE (n = 20)

Die Antwortenden konnten keine Angaben dazu machen, wie ELE entstehen (Tab. 4). Diese wurden als tiefgreifendes spirituelles Erlebnis empfunden, das weder von den Patienten simuliert wurde noch Ausdruck einer psychischen Erkrankung war. Eine Pflegende merkte zudem an, ELE seien konfessionsunabhängig. Auf die Frage, was ELE sein könnten, wurden folgende Einschätzungen abgegeben: der Eintritt in eine neue Bewusstseinsebene; das Pendeln zwischen 2 Welten, der irdischen und der nachtodlichen; eine Auflösung von körperlichen, geistigen Grenzen; «es [eine ELE] ist kein Produkt des Bewusstseinszustands - es ist der Bewusstseinszustand selbst».

Table 4

Erklärungen für ELE (n = 20)

Erklärungen für ELE (n = 20)
Erklärungen für ELE (n = 20)

Nur wenige der Befragten erhielten während ihrer Ausbildung zur Arbeit mit Sterbenden ein spezielles Training für den Umgang mit ELE (3 von 19). Sie scheuten sich aber mehrheitlich nicht (14), mit Patienten oder Angehörigen darüber zu sprechen: «Ich begleitete in den letzten 5 Jahren Sterbende und Angehörige. … Ich konnte dabei erfahren, dass viele Ängste und Ungewissheiten der Angehörigen durch Fragen und Anfragen von ELE verringert werden könnten. Ich habe das Gefühl, es hat eine starke Wirkung auf den Trauerprozess und das Loslassen des Sterbenden.»

Auf einem Fragebogen wurde jedoch dazu vermerkt: «Was mir oft aufgefallen ist, dass viele Pflegende ein Zimmer mit einem Sterbenden meiden und nur wenig reingehen. Schicken lieber Schüler rein!.» Eine Pflegende beschrieb ein nächtliches Erlebnis, das sie gemeinsam mit einer sterbenden Patientin hatte: «Aber dieses Erlebnis verlängerte ihren Abschied um 14 Tage. Sie war voll Energie und Kraft ... (und erinnerte sich nicht an das Nachtgeschehen - oder sagte jedenfalls nichts). Ich auch nicht.»

Der Austausch über ELE mit Team-Mitgliedern oder Vorgesetzten war für die meisten Antwortenden möglich (15 bzw. 16). Trotzdem äußerten viele, gerne mehr Informationen im Rahmen von Aus- oder Weiterbildungen erhalten zu wollen, um sich im Umgang mit ELE sicherer zu fühlen (13 von 18).

ELE mittels eines Fragebogens zu untersuchen, wurde von einzelnen Befragten kritisiert: «Ich habe … immer wieder beim Sterben begleitet … In dieser Zeit habe ich immer wieder besondere Erlebnisse mit Menschen an der Schwelle gehabt, die ich aber nicht auf einen Fragebogen schreiben will.» Ein anderer Teilnehmer schrieb: «Ich fühle mich immer begnadet und beschenkt von den Patienten, wenn sie mir von ELE erzählen.»

ELE werden von Patienten und ihren Angehörigen auf unterschiedliche Art geschildert. Die Mehrzahl der Ärzte und Pflegenden, die auf diese Umfrage geantwortet haben, beobachteten bei sterbenden Patientinnen und Patienten, dass diese in den letzten Lebenswochen über ungewöhnlich viel Zuversicht und Energie verfügten, dass aber auch belastende Emotionen zunahmen, dass manche eine andere Realitätsebene wahrzunehmen schienen, den Eindruck hatten, von jemandem gerufen worden zu sein, verstorbene Verwandte oder Freunde wahrnahmen oder Träume in Bezug auf unerledigte Angelegenheiten hatten. Diese ELE wurden hier häufiger genannt als in einer entsprechenden Studie aus England [4]. Allerdings kann die berichtete Häufigkeit von ELE je nach Studienmethodologie (z.B. prospektiv oder retrospektiv, Befragung der Sterbenden oder des Pflegepersonals) unterschiedlich ausfallen, und die ELE können je nach kulturellem Hintergrund auch unterschiedlich interpretiert und diskutiert werden [18]. Prospektive Studien können dabei genauere Auskunft über die Häufigkeit der Phänomene geben.

In der Anthroposophie besteht die Ansicht, dass es Sterbenden möglich sein kann, in die geistige Welt zu schauen und sich mit ihr verbunden zu fühlen. Dieses Empfinden können Sterbende den Angehörigen und dem Gesundheitspersonal mitteilen, und das Umfeld einer anthroposophisch-medizinischen Einrichtung lädt dazu ein, solche Erfahrungen frei zu äußern. Daher stellt sich die Frage, ob in Kliniken mit dem Schwerpunkt «anthroposophisch erweiterte Medizin» die gleichen ELE beobachtet werden wie in klassisch-medizinischen. Denn Glaube oder spirituelle Erwartungen können die Art der Erlebnisse prägen (z.B. können Visionen von religiösen Gestalten auftreten), auch wenn das Auftreten von ELE an sich nicht davon abhängt [13,19]. Eine Studie aus Japan mit über 2000 befragten Angehörigen fand ELE allerdings vermehrt bei Sterbenden, deren Familien an eine unsterbliche Seele glaubten oder religiös waren [20].

In der Schweiz wird eher zögerlich über ELE gesprochen, was es auch erschwert, die Häufigkeit von ELE festzustellen. In unserer Umfrage gaben Pflegende an, das gemeinsame Erleben solcher Erfahrungen als wertvoll zu empfinden, aber auch, dass sie gerne mehr darüber lernen würden, um sich im Umgang mit ELE sicherer zu fühlen. Dies ist relevant, weil Patienten nicht gerne über ELE sprechen - aus Angst, nicht ernst genommen zu werden [18]. In Untersuchungen aus England fanden es viele der befragten Ärzte und Pflegefachpersonen außerdem schwierig, mit Patienten und Angehörigen sowie untereinander über ELE zu sprechen [2,4,13]. Die meisten der Pflegefachpersonen bedauerten das Fehlen einer vertieften ELE-Ausbildung und hätten ein ELE-Modul in ihrer Ausbildung begrüßt [4,21]. Das war auch bei unseren Befragten der Fall, wobei zu beachten ist, dass die Ausbildung der meisten Befragten schon viele Jahre zurücklag (im Median 23 Jahre; Tab. 1). Mittlerweile fließt das Thema der Kommunikation mit Sterbenden besser in aktuelle Pflegehandbücher [22] und in entsprechende Ausbildungen ein und bildet ein diesbezügliches Bewusstsein aus.

Zwischen den verschiedenen Studien gab es Übereinstimmungen im Hinblick auf Beschreibungen, was ELE sein könnten. So wurden ELE von Teilnehmern sowohl unserer als auch von Studien aus England und den USA als Quelle spirituellen Trosts für Sterbende und Angehörige empfunden und das Erleben von ELE mit einem friedvollen Tod in Verbindung gebracht, wie eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit aufzeigte [10]. Durch ELE verringert sich bei vielen Patienten die Angst vor dem Tod, und Angehörige fühlen sich in ihrem Trauerprozess unterstützt [4,11]. Das Erkennen von Vorzeichen des bevorstehenden Todes kann den Pflegefachpersonen helfen, Angehörige auf den Tod eines Patienten vorzubereiten oder ihnen Zeit zu geben, eine Zusammenkunft von Familienangehörigen zu organisieren [4,11].

Die Mehrheit der Befragten fand, dass ELE sich von beispielsweise durch Medikamente oder hohes Fieber herbeigeführten Halluzinationen unterschieden, was auch in anderen Studien festgestellt wurde [4,15,17]. Umgekehrt ist es eher wahrscheinlich, dass die Einnahme von Opioiden ELE verhindern kann, während Halluzinationen dadurch zunehmen [18].

Die physiologischen Vorgänge während ELE sind ungeklärt. Neuere Publikationen beschreiben einzelne Hinweise auf eine kurz vor dem Tod im Elektroenzephalogramm nachweisbare neuronale Aktivität im Gehirn [23,24]. Diese Signale zeigten einen steilen Anstieg und eine Dauer von bis zu einigen Minuten. Sie traten kurz bevor bereits bewusstlose Patienten verstarben auf. Von den Autoren einer Studie wurde vermutet, dass durch die Hypoxie im Gehirn das Membranpotential in den Neuronen nicht aufrechterhalten werden konnte, wodurch eine Kaskade elektrischer Aktivität und Erinnerungen erzeugt wurden [23]. Dies könnte zwar erlebte Phänomene in den Minuten vor dem Tod erklären, nicht aber in den Tagen zuvor. Außerdem wurden ELE in Form von terminaler Geistesklarheit auch bei Patienten mit teilweise zerstörtem Hirngewebe beobachtet, was gemäß Nahm et al. [6] eine rein auf physiologischen Funktionen beruhende Erklärung infrage stellt.

Eine Limitation unserer Befragung besteht darin, dass nur Ärzte und Pflegepersonal befragt wurden, nicht aber die Patienten selbst, denn man weiß, dass diese von mehr Erlebnissen berichten können [15]. Außerdem war die Rücklaufquote gering (was bei Umfragen zu Lebensende-Themen wie z.B. «palliative care» häufig der Fall ist), und alle Befragten arbeiteten in derselben Institution und gaben Auskunft über subjektive Erfahrungen, bei deren Interpretation der eigene Hintergrund einfloss. Die retrospektive Art der Befragung erlaubte keine Quantifizierung der ELE, wobei auch die Beschreibung derselben ELE durch mehrere Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Trotz dieser Einschränkungen waren die Ergebnisse unserer Umfrage vergleichbar mit denjenigen aus anderen Studien.

Um ELE aus anthroposophisch-medizinischer Sicht weiter zu untersuchen, könnten in einem nächsten Schritt qualitative Interviews mit Ärzten und Pflegenden durchgeführt und die beschriebenen Beobachtungen einerseits mit den Vorstellungen der Anthroposophie, andererseits mit messbaren physiologischen Vorgängen verglichen werden.

Ärzte und Pflegende in einem Spital für anthroposophisch erweiterte Medizin in der Schweiz berichteten von ähnlichen ELE ihrer Patientinnen und Patienten wie zuvor in England durchgeführte Studien. Diese ELE wurden von den Teilnehmenden der Befragung als eine Quelle spirituellen Trosts für Patienten und Angehörige wahrgenommen. Um sich im Umgang mit ELE sicherer zu fühlen, wünschten sich Ärzte und Pflegende mehr Informationen im Rahmen von entsprechenden Aus- oder Weiterbildungen. Daher ist eine weitere Erforschung dieses Themas wichtig, um eine wissenschaftliche Grundlage für das Verständnis von ELE zu entwickeln.

Wir danken allen Personen, die sich an dieser Befragung beteiligt haben, Peter Fenwick für das Überlassen der Fragebögen und der Asta Blumfeldt-Stiftung für die finanzielle Unterstützung der Arbeit.

Die Autoren bestätigen hiermit, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf das vorliegende Manuskript bestehen.

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