Zusammenfassung
Hintergrund: Canine Mammatumoren (CMT) sind wegen ihrer Häufigkeit und hohen Malignitätsrate eine Herausforderung für die Veterinärmedizin. Bisher ist noch keine postoperative adjuvante Therapie als wirksamer Standard etabliert und in den nächsten Jahren wohl auch nicht zu erwarten. Zusätzlich ist die Frage nach der Verträglichkeit einer adjuvanten Therapie mit Erhaltung oder Verbesserung der Lebensqualität (LQ) wichtig. Die Therapie mit Mistelextrakten (Viscum album L.; VAE) ist in der Humanonkologie nach adjuvanter Tumorbasistherapie (Chemotherapie und Bestrahlung) eine sehr häufig verwendete, zusätzliche adjuvante Behandlungsmethode. Auch bei verschiedenen Tierarten werden inzwischen Mistelpräparate in der Onkologie erfolgreich angewendet. Methoden: Überprüfung von Wirkung und Nutzen einer postoperativen, adjuvanten Misteltherapie beim CMT sowie Erfassung der LQ unter der VAE-Behandlung. Ausgewertet wurden 56 Hündinnen mit Mammaadenokarzinom, 33 ausschließlich operierte Kontrolltiere und 23 operierte Tiere, die adjuvant VAE erhielten. Ergebnisse: Die mediane Überlebenszeit (MST) aller Tiere (n = 56) betrug 32 Monate (Interquartilbereich 13-51 Monate). Im deskriptiven Vergleich der Überlebenszeiten (ST) nach Kaplan-Meier waren nach 12, 24, 36 bzw. 48 Monaten noch 24, 20, 15 bzw. 5 Hündinnen (entsprechend 72,7%, 60,6%, 45,1%, 12,4%) der Kontrollgruppe sowie 19, 14, 11 und 1 Hündin (82,6%, 60,9%, 47,8%, 4,3%) der VAE-Gruppe am Leben. Die VAE-Therapie führte zu einem geringeren Gesamtversterberisiko, das statistisch nicht signifikant war (Hazard Ratio (HR) 0,530, 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,222-1,262; p = 0,15). Tendenziell (p = 0,07) zeigte sich eine Verringerung des tumorbedingten Sterberisikos auf 25% (HR 0,251, 95%-KI 0,056-1,122). Schlussfolgerungen: Es kann eine Tendenz zur Senkung des tumorbedingten Sterberisikos der VAE-Gruppe bei guter Verträglichkeit der Therapie angenommen werden. Die LQ der Tiere blieb über die gesamte Beobachtungszeit auf hohem Niveau stabil.
Keywords
Canine mammary tumor · Mistletoe therapy · Viscum album · Adjuvant treatment · Veterinary medicine · Quality of life · Oncology
Summary
Postsurgical Adjuvant Treatment with Mistletoe Extract (Viscum album ssp. album) in Canine Mammary Tumors
Background: The high incidence rate and malignancy of canine mammary tumors (CMTs) and their treatment pose a challenge in veterinary practice. Postsurgical therapy is required. Currently, there is no established standardized postsurgical adjuvant therapy and such a therapy is not expected for the near future. Maintaining or increasing the dogs' quality of life (QL) and their tolerance of the treatment are of importance to the pet owner. Cancer treatment by using extracts of European mistletoe (Viscum album L.; VAE) is well introduced in human medicine. Besides tumor baseline therapy using radiation or chemotherapy, treatment with VAE is one of the most common adjuvant methods among complementary and alternative therapies. Also in veterinary oncology, Viscum preparations have been used successfully for many years in various species. A number of studies underlined the positive effects of mistletoe treatment in animals. Methods: In the present study, the effects and benefits of postsurgical adjuvant therapy with VAE in canine mammary adenocarcinomas were investigated. Additionally, effects on QL were analyzed. For this purpose, a total of 56 female dogs were enrolled in the study. Of these, 33 dogs served as retrospective control group whereas 23 dogs were assigned as prospective VAE treatment group. The latter started VAE after surgical tumor excision. Results: The median survival time (MST) for all involved dogs (n = 56) was 32 months (interquartile range 13-51 months). For the control group, Kaplan-Meier analysis showed survival of 24 (73%), 20 (61%), 15 (45%), and 5 dogs (12%) after 12, 24, 36, and 48 months, respectively. In the Viscum group, survival was 19 (83%), 14 (61%), 11 (48%), and 1 dog (4%), respectively. Multivariate Cox proportional hazard analysis resulted in a lower death risk after VAE treatment (hazard ratio (HR) 0.53, 95% confidence interval (CI) 0.22-1.26), which was not significantly different between the two groups (p = 0.151). An also not significant tendency of decrease in tumor-related death risk to 25% (HR 0.251, 95% CI 0.056-1.122; p = 0.07) was observed for the treatment group. Conclusions: The results indicate a tendency of lower tumor-related death risk after postsurgical adjuvant VAE therapy in female dogs suffering from CMTs. The QL was stable during the entire observation period and the therapy was well tolerated by the patients.
Einleitung
Tumoren des Mammagewebes sind in der Veterinär- und Humanmedizin häufig auftretende Neoplasien. Das Lebenszeitrisiko von Frauen in Deutschland, Brustkrebs zu entwickeln, beträgt 12,9%, d.h. jede achte Frau ist betroffen [1]. In einer aktuellen Studie in Norditalien zeigte sich, dass canine Mammatumoren (CMT) die am häufigsten diagnostizierte Krebsart waren und innerhalb der Auswertungszeit 2005-2013 deutlich anstiegen [2]. In einer norwegischen Studie mit 14 401 Hunden wiesen 30% der Tiere CMT auf, von denen 95% maligne waren [3]. An anderer Stelle wird von einem Verhältnis von malignen zu benignen CMT von 60 zu 40 berichtet [4]. Bei 6743 Tumorbiopsien eines Registers von Krebserkrankungen bei Kleintieren in Italien waren etwa 70% aller Tumore der Hündin im Gesäuge und wiesen eine Malignitätsrate von knapp 50% auf [5]. Die meisten betroffenen Tiere sterben im ersten Jahr post operationem [6, 7, 8, 9]. Neben der Größe der Tumoren und dem Alter der Hunde verringern vor allem Lymphknoten- und Fernmetastasen die Überlebensrate signifikant [10, 11].
Tumorbasistherapie
Als Standardtherapie gilt sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin die Exzision der Neoplasie. Jedoch entwickeln 58% der Hunde nach einer regionalen Mammektomie erneut Tumoren [12].
Zu den verschiedenen, die Chirurgie ergänzenden Therapieansätzen wie Chemo-, Radio- oder auch Hormontherapie, wie sie in der Humanmedizin etabliert sind, liegen nur wenige veterinärmedizinische Studien vor [9, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 18]. Keine der untersuchten adjuvanten Therapien zeigte bisher ein überzeugendes Resultat, sodass bisher kein empfehlenswerter «Goldstandard» festgelegt werden konnte. Nach Wehrend und Georgiev [19] ist eine medikamentöse postoperative Standardtherapie von CMT in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.
Adjuvante Misteltherapie
In der Humanmedizin werden im deutschsprachigen Raum inzwischen bei etwa 40-50% der Tumorpatienten komplementärmedizinische Krebstherapien eingesetzt. Extrakte der europäischen Weißbeerigen Mistel (Viscum albumL.) (VAE) stellen hierbei die am häufigsten verschriebenen Mittel dar [20]. Nicht repräsentative Umfragen in deutschsprachigen Ländern gehen von Prävalenzen von adjuvanten Misteltherapien zur Tumorbasistherapie zwischen 29 und 77% aus [21].
Die Anwendung von Mistelextrakten bei Krebserkrankungen wurde 1917 in der Humanmedizin eingeführt und wird inzwischen auch vermehrt in der Veterinärmedizin eingesetzt. In verschiedenen veterinärmedizinischen Studien konnten die Verträglichkeit [22, 23] und Wirksamkeit von VAE bei Tumorerkrankungen sowohl alleine [24] als auch in Ergänzung zur Chemotherapie [25] aufgezeigt werden. Für die Humanmedizin kommen Übersichtsarbeiten zur Tumortherapie zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Wirksamkeit der Mistel, bei allgemein guter Verträglichkeit dieser in der Regel adjuvanten Therapie [26, 27, 28, 29].
Lebensqualität
Die Erfassung der Lebensqualität (LQ) von Krebspatienten unter verschiedenen Behandlungen gewinnt zur Validierung neuer Therapien zunehmend an Bedeutung. Die adjuvante VAE-Behandlung zur Chemotherapie bei humanen Mammatumorpatientinnen zeigte signifikante und klinisch relevante Verbesserungen in verschiedenen Scores zur LQ [30].
Auch in der Veterinärmedizin wäre es wichtig, die LQ des Tieres in klinischen Studien zu erfassen. Dennoch weisen nur 8 von 144 zwischen 2008 und 2013 publizierten prospektiven Studien zur Tumortherapie bei Hunden und Katzen die LQ aus [31]. Verlässliche, allgemein anerkannte und validierte Methoden zur Erfassung der LQ bei Hund und Katze unter Krebstherapien fehlen jedoch bisher [31].
Ziel der Studie
Das Ziel der Studie war es, prospektiv die Wirkung und Verträglichkeit eines Extraktes der Kiefernmistel (Viscum album ssp. album L.) in der adjuvanten postoperativen Behandlung von caninen Adenokarzinomen des Gesäuges zu untersuchen. Im Vergleich mit einer retrospektiven postoperativen Kontrollgruppe aus derselben Klinik sollte abgeschätzt werden, ob und inwieweit die VAE-Therapie eine therapeutische Option darstellt. In der VAE-Gruppe wurden darüber hinaus kontinuierlich Daten zur LQ vom Tierhalter dokumentiert und deren zeitlicher Verlauf aufgenommen.
Material und Methoden
Design
Es wurde eine kontrollierte Studie mit einer prospektiven Behandlungsgruppe (VAE) und einer retrospektiven Kontrollgruppe (KON) durchgeführt.
Studienpopulation
Die Studie wurde an der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie mit Tierärztlicher Ambulanz der Justus-Liebig-Universität Gießen bei Hündinnen nach Gesäugetumorexzision durchgeführt.
Daten zum Alter (einzeln und in 2 Altersklassen: 1-9 Jahre, ≥ 10 Jahre), der Rasse (Einzelrassen und Klassifikation nach kleinen, mittleren und großen Rassen) sowie dem Kastrationsstatus zum Zeitpunkt der Operation wurden aufgenommen. Da es bei der Kontrollgruppe keine Angaben zum Zeitpunkt der Kastration gab, konnte nicht zwischen Früh- und Spätkastration unterschieden werden.
Alle Patienten sowohl der Kontrollgruppe (KON) als auch der Viscum-Extrakt-Behandlungsgruppe (VAE-Gruppe) wurden vor der Operation untersucht und einer klinischen Klassifikation nach dem TNM-Modell (Tumor/Lymphknoten/Metastasen) [32] und einem modifizierten Staging [33] unterzogen.
Alle CMT wurden nach den Richtlinien der Good Clinical Practice (GCP) entweder in einer Total- oder einer Teilmammektomie exzidiert. Die Angaben zur Operationsmethode gingen in die Auswertung mit ein. Ein histologisch-pathologischer Befund war Inklusionskriterium. Alle Patienten, die ein Adenokarzinom aufwiesen, wurden in die Studie eingeschlossen.
Zusätzlich wurden histologisch nachgewiesene Einbrüche von Tumorzellen in die Gefäße (Lymphangiosis, Hämangiosis carcinomatosa) in die Auswertung einbezogen.
Kontrollgruppe
Die retrospektiv untersuchte Kontrollgruppe rekrutierte sich aus Hündinnen, die zwischen 1996 und 2003 operiert und postoperativ verfolgt wurden. Von den insgesamt 155 Hündinnen wurden 93 Tiere aufgrund des Vorliegens anderer Tumorarten aus der Auswertung ausgeschlossen. Darüber hinaus wurden 3 Hündinnen aufgrund einer Überlebenszeit von weniger als 30 Tagen ausgeschlossen (analog zur Viscum-Gruppe). Des Weiteren wurden 26 Patienten wegen fehlender Angaben zur Überlebenszeit (Protokollfehler) aus der Auswertung genommen. Somit standen als Kontrollpopulation 33 Tiere zur Verfügung (Abb. 1).
Viscum-Gruppe
Nach klinischen Vorbeobachtungen von 2003 bis 2006, insbesondere im Hinblick auf die Verträglichkeit und das Therapieprotokoll, wurden ab 2006 prospektiv Hündinnen in die VAE-Gruppe aufgenommen und erhielten nach der chirurgischen Exzision eine Therapie mit einem von der Kiefernmistel (Viscum album ssp. albumL.) gewonnenen Mistelextrakt (Iscador P® Serie 1). Das Therapieprotokoll wurde wie folgt durchgeführt: Allen Patienten wurde im Mittel ab 25 (± 21) Tagen nach der Operation 3-mal pro Woche jeweils 1 Ampulle mit je 1 ml in aufsteigenden Konzentrationen (2 × je 0,1 mg, 2 × je 1 mg und 3 × je 10 mg - sogenannte Serie 1) subkutan verabreicht; die Serie wurde nach einer 2-wöchigen Pause fortlaufend wiederholt. Der übliche Applikationsort war die seitliche Brustwand. Die Tierhalter übernahmen nach einer sachkundigen Einführung durch den behandelnden Tierarzt die Applikation des Mistelextraktes. Dieses Protokoll wurde für 2 Jahre vorgesehen. Der letzte Patient wurde 2008 in die Studie aufgenommen.
Die Tiere der VAE-Gruppe rekrutierten sich aus 36 Hündinnen.
Drei Tiere wurden aus der Auswertung ausgeschlossen, da sie eine andere Tumorart aufwiesen. Drei Hündinnen wurden ausgeschlossen, weil sie innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation verstorben waren; hier konnte noch keine therapeutische Wirkung einer VAE-Therapie erwartet werden. Sieben Patienten mussten wegen Protokollfehler (n = 2 anderes Therapieprotokoll, n = 3 keine Verlaufskontrolle möglich, n = 2 Therapie nicht durchgeführt) ausgeschlossen werden. Es verblieben somit 23 Hündinnen in der VAE-Gruppe zur Auswertung (Abb. 1).
Statistische Auswertung
Demografische und prognostische Angaben wurden je nach Parameterskalierung als Mittelwert ± Standardabweichung (SD) für intervallskalierte Daten, als Median, [25-75%]-Interquartilbereich und Range für Zeitverlaufsdaten bzw. als absolute/relative Häufigkeitstabellen für kategoriale Variablen berechnet. Die Gesamtüberlebenszeiten der Hunde, d.h. die Zeit von Behandlungsbeginn bis zum Versterben, wurden getrennt für die beiden Behandlungsgruppen deskriptiv als Kaplan-Meier-Grafik dargestellt. Zum statistischen Vergleich wurden - neben der VAE-Behandlung - folgende klinisch relevante Parameter herangezogen: Alter, rassenspezifische Größe, Kastrationszustand, TNM-Status (T = Tumorgröße, N = Nodal- bzw. Lymphknotenstatus, M = Metastasestatus) getrennt für T, N, M bzw. als UICC-Status (Union Internationale Contre le Cancer), Gefäßeinbrüche, Teil- bzw. Totalresektion sowie die Zeit von der Tumordiagnose bis zur Operation. Alle Parameter wurden zuerst deskriptiv in univariablen Cox-Regressionsmodellen auf ihren etwaigen Einfluss auf das Gesamtüberleben der Patienten getestet. Mittels einer Variablenauswahl mit schrittweiser Selektion (stepwise selection) wurden die Parameter identifiziert, die auch in einer multivariablen Analyse ihren signifikanten Einfluss behielten. Das Modell mit der höchsten Güte gemäß dem Aikake-Informationskriterium wurde als finales Modell ausgewählt, wobei jedoch ein Modell mit getrennten T-, N- und M-Angaben gegenüber dem zusammengesetzten UICC-Parameter bevorzugt wurde. Die Ergebnisse dieser finalen Cox-Regression wurden auf die Einhaltung der Proportional-Hazards-Bedingung sowie in einer parametrischen Überlebenszeitanalyse unter Annahme einer Weibull-Verteilung der Überlebenszeitdaten nochmals auf Plausibilität und Robustheit überprüft (hier nicht gezeigt).
Eine analoge Analyse wurde mit dem tumorbezogenen Überleben durchgeführt, definiert als Zeit bis zum Versterben aufgrund Mammakarzinom-bedingter Ereignisse.
Lebensqualitätsparameter in der VAE-Gruppe
In der Tiermedizin kamen visuellen Analogskalen (VAS) [34] zur Beurteilung von Parametern der LQ von Tieren durch ihre Tierhalter bisher nur vereinzelt zum Einsatz [35]. Gänzlich fehlen Studien, die die LQ von Tieren durch ihre Tierhalter mittels VAS ermitteln, in der veterinärmedizinischen Tumortherapie. Innerhalb der vorliegenden Studie wurde für die Erfassung der LQ der Tiere während der Behandlung mit VAE ein System mit 4 VAS (0-100) entwickelt. Dabei wurde die subjektive Einschätzung hinsichtlich der Aktivität, des Appetits, der Schmerzäußerung und des Gesamteindrucks der LQ der Hunde durch den Tierhalter erfasst. Nach einer ausführlichen Einführung in die Erfassungsmethodik erfassten die Tierhalter vor Beginn der VAE-Therapie und jede Woche, unter der ihr Tier VAE erhielt, ihre Einschätzung zu den 4 genannten LQ-Bereichen auf der VAS zusammen, mit der Angabe der verabreichten VAE-Dosis (Anhang 1; Online Supplementary Material; www.karger.com/?DOI=485228).
Die VAS-Skalen zu LQ, Aktivität, Appetit und Schmerz wurden mittels eines Zufallseffekte-Modells analysiert, in dem die einzelnen Hunde und deren Behandlungssequenzen als Zufallseffekte behandelt wurden; in diese Analyse gingen nur die Hunde der VAE-Gruppe ein, weil nur für diese entsprechende VAS-Werte vorhanden waren. Die VAS-Skalen wurden als quasi-intervallskalierte Größen interpretiert und auf signifikante lineare Veränderung über die Behandlungszeit getestet. Obwohl alle Hunde kontinuierlich mit VAE behandelt werden sollten, entstanden im Therapieverlauf teilweise mehr oder weniger lange Behandlungspausen. Für die statistische Analyse wurden dabei Therapiepausen, die länger als 6 Wochen andauerten, als Behandlungsende angesehen und die nachfolgende Neuaufnahme der Behandlung als neue Behandlungssequenz, die getrennt von der vorherigen analysiert wurde; die Abhängigkeit der Messwerte aufgrund der Messwiederholung ein und desselben Patienten blieb dabei weiterhin berücksichtigt. Auch für die Analysen der VAS-Parameter wurden die in der Überlebenszeitanalyse berücksichtigten prognostischen Parameter in univariablen Modellen sowie in der Konstellation des finalen multivariablen Cox-Regressionsmodells auf Einfluss bezüglich der zeitlichen Veränderung in den VAS-Parametern getestet.
Ergebnisse
Das durchschnittliche Alter der Patienten (n = 56) betrug 9,4 Jahre (SD 2,0), wobei die jüngste Hündin 6 und die älteste 15 Jahre alt war (Anhang 2; Online Supplementary Material; www.karger.com/?DOI=485228). Die Hälfte der Hündinnen war über 10-jährig. Über 50% aller untersuchten Hunde gehörten größeren Rassen an, und mehr als 73% der Hündinnen waren nicht kastriert (Anhang 2; Online Supplementary Material; www.karger.com/?DOI=485228). Die kumulierte Gesamtbehandlungsdauer mit Mistelextrakt für Hunde der VAE-Gruppe betrug im Median 67 Wochen (Interquartilbereich 38-93 Wochen, Range 7-109 Wochen). Bei 12 Patienten (52%) erfolgte diese Behandlung in einer ununterbrochenen Sequenz, bei 6, 3 und jeweils 1 Patienten (26%, 13%, 4%) im Rahmen von 2, 3, 4 bzw. 5 Therapiesequenzen. Die mediane Therapiesequenzdauer betrug dabei 14,5 Wochen (Interquartilbereich 8-60 Wochen, Range 1-109 Wochen).
Die mediane Überlebenszeit (median survival time, MST) aller Tiere (n = 56) betrug 32 Monate (Interquartilbereich 13-51 Monate), wobei die kürzeste Überlebenszeit bei 1 Monat, die längste bei 69 Monaten lag.
Im deskriptiven Vergleich der Kaplan-Meier-Überlebenszeiten waren nach 12, 24, 36 bzw. 48 Monaten noch 24, 20, 15 bzw. 5 Patienten (72,7%, 60,6%, 45,1%, 12,4%) der Kontrollgruppe sowie 19, 14, 11 und 1 (82,6%, 60,9%, 47,8%, 4,3%) Patienten der Mistelgruppe am Leben (Anhang 3; Online Supplementary Material; www.karger.com/?DOI=485228).
Die multivariable Cox-Regressionsanalyse des Gesamtüberlebens erbrachte einen signifikanten negativen Einfluss der Parameter (zunehmendes) Alter (Hazard Ratio (HR) 1,4 pro Jahr; p = 0,001) und positiver Nodalstatus (Lymphknoten sind tumorzellbesiedelt, HR 4,7; p = 0,0037; Tab. 1) auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten, während die in den univariablen Analysen relevanten Parameter rassenspezifische Größe, Tumor- und Fernmetastasenstatus sowie Gefäßeinbrüche im multivariablen Modell ihren signifikanten Einfluss verloren, obgleich ähnlich deutliche Effektgrößen beobachtet werden konnten. Die Behandlung mit dem VAE führte zu einem geringeren Sterberisiko (HR 0,530, 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,222-1,262; Tab. 1), das jedoch im Rahmen der Cox-Regressionsanalyse nicht statistisch signifikant abgesichert werden konnte (p = 0,1514) (Abb. 2A). In der nachfolgenden parametrischen Weibull-Analyse zeigte dieser Befund einen kleineren, eine Tendenz ausweisenden p-Wert (p = 0,0741).
Für das tumorbezogene Überleben wurden in den univariablen Cox-Regressionsmodellen mit Ausnahme der rassespezifischen Größe alle beim Gesamtüberleben gefundenen Einflussparameter bestätigt. Im multivariablen Modell zeigten die Parameter Alter und Nodalstatus ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf das tumorbezogene Überleben (entsprechend wie beim Gesamtüberleben), alle weiteren Modellparameter wiesen hier jedoch im Gegensatz zum Gesamtüberleben weiterhin einen signifikanten (p = 0,04 für Gefäßeinbrüche) bzw. tendenziellen Einfluss (p = 0,07 bzw. 0,06 für Tumor- bzw. Fernmetastasenstatus) auf (Tab. 1). Auch die VAE-Behandlung zeigt tendenziell eine Verringerung des tumorbedingten Sterberisikos (p = 0,07; HR 0,251, 95%-KI 0,056-1,122) (Tab. 1, Abb. 2B). Die nachfolgende parametrische Weibull-Analyse weist hier sogar eine signifikante Überlegenheit der VAE-Gruppe aus (p = 0,0387).
Die Analyse der VAS-Skalen zur subjektiven Einschätzung von LQ, Aktivität, Appetit und Schmerz durch die Hundebesitzer erbrachte weder in den univariablen noch in den multivariablen Analysen Hinweise auf eine konsistente oder relevante Veränderung dieser Parameter über die Behandlungsdauer (Anhang 4; Online Supplementary Material; www.karger.com/?DOI=485228).
Diskussion
Im Gegensatz zur Humanmedizin sind wissenschaftliche Erkenntnisse zur adjuvanten postoperativen Therapie von caninen Mammatumoren (adjuvante postoperative canine Mamma-Tumor-Therapie (apCMTT)) rar. Mit der vorliegenden Studie wurde erstmals eine postoperative adjuvante Therapie der CMT mit einem Extrakt der europäischen Mistel (Viscum album L.; VAE) im Vergleich zu einer nicht adjuvant behandelten Kontrollgruppe (KON) untersucht. Die Daten zur VAE-Gruppe wurden prospektiv erfasst, wohingegen die Daten der KON-Gruppe retrospektiv am selben Behandlungszentrum generiert wurden. Da die präoperativen Untersuchungen, die operativen Eingriffe und die pathohistologischen Untersuchungen nach den gleichen Standards erfolgten, ist trotzdem eine hohe Vergleichbarkeit gegeben.
Auch wenn diese Zusammenstellung von VAE- und KON-Gruppe kein optimales Studiendesign darstellt, ist die vorliegende Studie methodisch mit der aktuell publizierten Literatur vergleichbar. Prospektive, verblindete, randomisierte, placebokontrollierte Studien zur apCMTT sind in der Literatur nicht beschrieben. Die Auswertung retrospektiver Daten zur Beurteilung von apCMTT ist nicht unüblich [9, 11, 13, 14, 16, 18]. Prospektive placebokontrollierte Studien sind bei malignen Tumoren wegen der geringen Compliance der Tierhalter kaum durchführbar. Nicht zuletzt aus diesem Grunde gibt es keine Studie, bei der die Patienten zufällig auf die verglichenen Gruppen verteilt sind. In allen Studien zur apCMTT wird die gewählte Therapiemethode wesentlich durch den therapierenden Tierarzt oder den Tierhalter mitbestimmt [9, 11, 13, 16, 17].
Auch in der Humanmedizin ist es nicht unüblich, in Studien zur adjuvanten postoperativen Behandlung von Brustkrebs, wie Chemo-, Radio- oder Hormontherapie, ohne unbehandelte Kontrollgruppe zu arbeiten. In der Regel wird in diesen Studien lediglich eine neue Therapieform in unterschiedlichen Variationen oder gegenüber der praxisüblichen Standardtherapie, nicht jedoch placebokontrolliert prospektiv getestet [36, 37, 38].
Gegenüber früheren Studien mit insgesamt 16-62 Patienten pro Studie bzw. 5-33 Patienten pro Therapie- oder Kontrollgruppe liegt die vorliegende Untersuchung mit 56 Patienten (23 bzw. 33 in der Therapie- bzw Kontrollgruppe) im oberen Bereich der Patientenzahlen [9, 11, 13, 15, 16, 17, 18] (Tab. 2).
Ähnlich wie in anderen Untersuchungen zur apCMTT [9, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 18] besteht die vorliegende Studienpopulation überwiegend aus älteren Hündinnen und ist hinsichtlich der Rasseverteilung vergleichbar inhomogen [9, 11, 13, 15, 16, 18], wobei nicht alle Stu Prävalenz beim Deutschen Schäferhund [14], diese Rasse war auch in dieser Untersuchung neben den Mischlingen mit 18% als Rassehund mit 13% am häufigsten betroffen.
Überlebenszeiten
Die MST der VAE-Gruppe liegt bei 34 Monaten, die der KON-Gruppe bei 30 Monaten. Eine direkt vergleichbare Studie, die die Wirksamkeit der Misteltherapie bei CMT prüft, liegt bislang nicht vor. Jedoch konnten Gutsch et al. [39] in einer 3-armigen (Chemotherapie, Misteltherapie, Kontrolle) humanmedizinischen Mammakarzinomstudie eine signifikante Verbesserung der 5-Jahres-Überlebensrate der Mistelgruppe gegenüber der Kontrollgruppe zeigen. Auch die Chemotherapiegruppe war der Kontrolle überlegen, wohingegen keine signifikanten Unterschiede zwischen Chemo- und Misteltherapie bestanden [39]. Bis auf diese Studie fehlen jedoch auch in der Humanmedizin Untersuchungen, die die VAE-Therapie hinsichtlich der Überlebenszeiten nach operativer Brustkrebsentfernung mit einer postoperativ unbehandelten Kontrollgruppe vergleichen.
Von den bisher angesprochenen 5 tiermedizinischen Studien zur apCMTT mit Chemotherapie weisen lediglich 2 einen signifikanten Vorteil der Chemotherapie hinsichtlich der Überlebenszeiten gegenüber der Kontrollgruppe auf [9, 11, 13, 16, 17]. Zudem zeigen Arenas et al. [17] zwar keinen signifikanten Überlebensvorteil der adjuvanten Chemotherapie mit Mitoxantron, aber mit dem verabreichten COX-2-Inhibitor Previcox, der ja nicht als onkologisches Chemotherapeutikum gilt. Im Vergleich zu den Daten der vorliegenden Studie zeigen sowohl die Chemotherapiegruppen (MST von 4 bis mehr als 29 Monaten) als auch die Kontrollgruppen (MST von 2 bis 13 Monaten) eher geringere Überlebenszeiten, obwohl sie vergleichbare Tumorarten (zwischen 60 und 90% Adenokarzinome) und -stadien aufweisen [9, 11, 13, 16, 17] (Tab. 2). Die Ursache hierfür bleibt offen, könnte jedoch ein Hinweis auf die hohe Qualität des Therapiezentrums sein.
Zum Vergleich mit den vorliegenden Daten könnte im weitesten Sinne die gleichzeitig zur Operation durchgeführte Ovariohysterektomie (OHE) als «Hormontherapie» betrachtet werden. Inwieweit diese nicht seltene Praxis einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat, scheint davon abzuhängen, ob die Tumoren mit entsprechenden Rezeptoren ausgestattet sind. Die generelle OHE scheint keinen Überlebensvorteil zu bieten [18, 40]. Eine in der Humanmedizin übliche Hormontherapie mit Antiöstrogenen scheint beim Hund aufgrund massiver Nebenwirkungen kein verfolgenswerter Weg [40, 41]. Die Bestrahlung als adjuvante Therapie des CMT ist bisher nicht evaluiert [14] und scheint auch nicht sinnvoll, da die Fernmetastasen nicht erreicht werden.
Sterberisiko
In der VAE-Gruppe konnte, wenngleich statistisch nicht signifikant, im Vergleich zur KON-Gruppe ein auf 53% verringertes Gesamtsterberisiko (HR 0,53, KI 0,222-1,262; p = 0,15) errechnet werden. Das tumorbedingte Sterberisiko der VAE-Gruppe war im Vergleich zur KON-Gruppe auf 25% (HR 0,25, KI 0,056-1,122) gesenkt. Dieser Unterschied war allerdings nur als Tendenz belegbar (p = 0,07).
Bis auf 2 Studien [17, 18] fehlen die in humanen Tumortherapiestudien üblichen Angaben zum Sterberisiko (HR) [42]. In der univariaten Analyse von Arenas et al. [17] mit wesentlich geringeren Fallzahlen als in der vorliegenden Untersuchung wurden signifikant längere Gesamtüberlebenszeiten in der Previcox-Gruppe (n = 7) als in der Kontrollgruppe (n = 13) gezeigt, was jedoch nicht für die Mitoxantron-Gruppe (n = 8) galt. Auch in der multivariablen Analyse hat die Behandlung einen signifikant positiven Einfluss. Leider lassen Arenas et al. [17] den Leser darüber im Unklaren, ob sich die ausgewiesene HR auf beide Gruppen zusammengenommen im Vergleich zur Kontrollgruppe bezieht oder lediglich auf die Previcox-Gruppe.
In einer aktuellen Übersichtsarbeit fassen Wehrend und Gregoriev [19] zusammen, dass bisher die Erfolge von adjuvanten Therapien nach der Extirpation von CMT fehlen und dass diese auch in den nächsten Jahren vermutlich nicht zu erwarten sind. Vor diesem Hintergrund könnte die VAE-Therapie eine interessante nebenwirkungs- und risikoarme Therapieoption für die Praxis sein.
Prognostische Parameter
Zahlreiche Parameter (Alter, rassenspezifische Größe, Kastrationszustand, TNM-Status (getrennt für T, N, M bzw. als UICC-Status), Gefäßeinbrüche, Teil- bzw. Totalresektion) sind hinsichtlich ihres prognostischen Einflusses auf die MST bei CMT bekannt [14]. Diese prognostischen Parameter wurden auch im statistischen Modell der vorliegenden Untersuchung berücksichtigt und es zeigt sich dabei, wie in anderen Studien auch, der signifikante Einfluss des Alters [8, 9, 11, 43, 44, 45] und der Lymphknotenbeteiligung [8, 11] auf das Sterberisiko. Auch in anderen Studien zur apCMTT ist dieses multivariable Vorgehen üblich [11, 15, 16, 18].
Aufgrund der mittlerweile erheblich differenzierteren Möglichkeiten der immunhistochemischen Tumordiagnostik wäre es für zukünftige Studien interessant zu analysieren, inwieweit einzelne Tumorsubtypen unterschiedlich auf die Misteltherapie reagieren.
Wenngleich bei 50% der Tiere der VAE-Gruppe ein oder mehrere Unterbrechungen in der eigentlich kontinuierlich fortzusetzenden Therapie dokumentiert sind, wurde dieser Parameter nicht in das statistische Modell mit einbezogen. Da dieser Parameter im Gegensatz zu den übrigen prognostischen Parametern lediglich in der VAE-Gruppe möglich ist, hätte man dazu die VAE-Gruppe in 2 Subgruppen aufteilen müssen, was die Tierzahlen und damit die Aussagekraft der Ergebnisse deutlich reduziert hätte. Darüber hinaus dürfte bei einer Dauertherapie, die sich teilweise über mehrere Jahre erstreckt, eine kurz- bis mittelfristige Therapieunterbrechung in der Praxis nicht selten vorkommen.
Lebensqualität und Nebenwirkungen
Neben der Verringerung des Sterberisikos als Therapieziel spielt, wie in der Humanmedizin, die innerhalb der Therapiezeit vorhandene LQ auch in der Veterinärmedizin eine zunehmend größere Rolle [31]. Entsprechende Studiendaten sind aber immer noch rar. In der vorliegenden Studie konnte die Erhebung der LQ unter der VAE-Therapie aufgrund der gewählten Methodik ausschließlich in der prospektiven Therapiegruppe durchgeführt werden. Die Hundebesitzer verzeichneten während der gesamten Behandlungsdauer in Bezug auf 4 Parameter (Aktivität, Appetit, Schmerz, subjektive Gesamteinschätzung der LQ) eine hohe LQ der Tiere. Dies deutet auch ohne Kontrollgruppe auf eine gute bis sehr gute Verträglichkeit der VAE-Therapie hin. Bei den Vergleichsstudien zu apCMTT wurden unter Chemotherapie unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie signifikante Neutropenien und Verschlechterungen der Leber- und Nierenwerte [13] festgestellt, Angaben zur LQ fehlen jedoch [9, 11, 13, 15, 16, 18].
Kritisch muss bemerkt werden, dass Erfassungsmethoden zur LQ unter adjuvanter Therapie bei Krebserkrankungen von Hund und Katze bisher nicht validiert sind [31].
Aus klinisch humanmedizinischen Studien zur Misteltherapie ergab sich ein Hinweis auf die Verbesserung der LQ [21, 46]. In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich lediglich die Erhaltung bzw. Stabilisierung der vorhandenen, meist ohnehin guten LQ der Hunde. Dies könnte seine Ursache im Aufbau des Fragebogens haben. Die Tierhalter schätzten schon vor der Behandlung die LQ ihrer Tiere sehr hoch ein. Insgesamt waren daher die Werte für die 4 Parameter zu Behandlungsbeginn bereits nahe am Maximum der VAS-Skalen und konnten keine deutlichen Verbesserungen mehr abbilden. Im Vergleich zu den humanmedizinischen Studien erhielten die Hunde überdies keine weitere adjuvante Therapie, die erwartungsgemäß mit einer Reduktion der LQ einhergeht [29]. Die Werte für die VAS-Skala Schmerz lässt vermuten, dass es für diesen Parameter Schwierigkeiten gab, die Skala richtig zu interpretieren.
Risiko für Patientenbesitzer und Umwelt
Die Therapie mit VAE stellt nach heutigen Erkenntnissen weder für den Menschen noch für die Umwelt ein Risiko dar. VAE ist pflanzlichen Ursprungs, und es ist davon auszugehen, dass VAE-Präparate zu 100% biologisch abbaubar sind. Eine aktuelle Übersichtsarbeit kommt zu dem Schluss, dass die in der Humanmedizin übliche subkutane Applikation im Mittel bei 15,9% der Patienten zu lokalen und bei 1,6% zu systemischen Nebenwirkungen führt [21]. Dramatische Nebenwirkungen sind lediglich für einen einzigen Fall beschrieben [21]. Im Hinblick auf ihren Einsatz beim Tier war traditionell die Mistel sogar Viehfutter. Im Gegensatz dazu ist bekannt, dass viele Zytostatika, die als Chemotherapeutikum genutzt werden, potenziell karzinogen sind [47].
Inwieweit der enge Kontakt des Patientenbesitzers zu seinem chemotherapeutisch behandelten Hund ein Risiko darstellt, ist bisher nicht untersucht. Bei der Applikation chemotherapeutischer Medikamente gehören jedoch strengste Maßnahmen zur Verhinderung eines direkten Kontaktes zum Menschen zur GCP [48, 49, 50].
Darüber hinaus ist die ökotoxikologische Bewertung von Chemotherapeutika kritisch [51]. Im Gegensatz zum Menschen gelangen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen die Ausscheidungen des Hundes ungefiltert in die Umwelt.
Schlussfolgerungen
Tierbesitzer scheuen häufig den Einsatz der Chemotherapie bei ihren Hunden, wie sich in den Studien zeigt, bei denen die Wirkung der Chemotherapie geprüft wurde. Die Kontrollgruppen rekrutierten sich in der Regel aus den Tieren, deren Besitzer eine Chemotherapie abgelehnt hatten («owners choice»), was bei 27-61% der Tiere der Fall war [9, 11, 13, 16, 17]. Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Studie stellte sich die Misteltherapie als eine sehr gut verträgliche adjuvante, postoperative Behandlungsmöglichkeit von Hündinnen mit Adenokarzinomen in der Mamma dar, die tendenziell im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe das tumorbedingte Sterberisiko auf 25% (HR = 0,25; p = 0,07) senkt. Eine prospektive randomisierte placebokontrollierte Studie mit größeren Tierzahlen, differenzierterer Erhebung prognostischer Parameter und der Erhebung von LQ-Parametern sowohl in der Mistel- als auch in der Kontrollgruppe wäre aus wissenschaftlichen Gründen wünschenswert. Unabhängig davon ist aufgrund der vorliegenden Datenlage die Mistelbehandlung eine interessante therapeutische Option für die postoperative Therapie.
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Diese Arbeit wurde durch den Verein für Krebsforschung (Arlesheim, Schweiz) finanziell unterstützt.