Abstract
Im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren haben wir heute mehr als früher Kinder und Jugendliche in Behandlung, die infolge traumatischer Erfahrungen von Gewalt oder Missbrauch, von Deprivation oder von chronischen körperlichen Erkrankungen nicht ausreichend in der Lage sind, ihre Symbolfunktion zu gebrauchen. Der Artikel beschäftigt sich mit der behandlungstechnisch wichtigen Frage, welche Qualität und welche analytische Haltung wir innerhalb der analytischen Situation bereitstellen sollten oder können, um dem Kind zu helfen, von seiner Symbolisierungsfähigkeit – und mag sie noch so unzureichend entwickelt oder blockiert sein – wieder Gebrauch machen zu können. Im Gegensatz zu Jung und manchen jungianischen Analytikern ist der Autor der Meinung, dass die transzendente Funktion zwar «ein natürlicher Vorgang» (Jung) und damit archetypisch fundiert ist, aber nicht einfach spontan wirkt, sondern zu ihrer Entfaltung eine Matrix benötigt, deren Grundmodell die früheste Beziehungserfahrung des Kindes ist, die innerhalb der Behandlung reinszeniert werden kann. Jungs sehr allgemeines Konzept der «symbolischen Einstellung» ergänzt und spezifiziert der Autor durch Bions Auffassung der mütterlichen/therapeutischen «Reverie», die wesentlich zur Symbolbildung innerhalb der Übertragung/Gegenübertragung beiträgt. Diese Auffassung wird anhand der Behandlung eines 10 Jahre alten Jungen mit einer schweren angeborenen Darmerkrankung (Hirschsprungsche Erkrankung) illustriert, dessen Symbolisierungsfähigkeit blockiert war. Behandlungstechnisch wird als eine modifizierte Form der aktiven Imagination das wechselseitige Zeichnen von Comics eingeführt, wodurch es dem Jungen allmählich gelang, einen symbolischen Raum innerhalb der Therapie und einen inneren psychischen Raum zu entwickeln.