Abstract
Über 90% der HIV-positiven Kinder haben sich nachweislich über die Mutter-Kind-Übertragung mit dem Virus infiziert. Schätzungen gehen davon aus, dass sich weltweit jedes Jahr 750 000 Kinder mit dem HI-Virus infizieren, die meisten davon in Subsahara-Afrika. Zu den Übertragungswegen der vertikalen Transmission zählen die Übertragung über die Plazenta während der Schwangerschaft, die Ansteckung während der Geburt sowie die Übertragung durch Muttermilch und blutende Brustwarzen. Das prozentuale Risiko der Mutter-Kind-Übertragung ist bei den oben genannten Übertragungswegen unterschiedlich. Ohne spezifische Interventionen beträgt die Rate der Mutter-Kind-Übertragung ungefähr 15–20% und verdoppelt sich bei längerem Stillen (>6 Monate) auf 35–40%. Obwohl die Verwendung einer Muttermilchersatznahrung hier als Mittel der Wahl nahe liegt, um das Risiko der vertikalen Transmission durch das Stillen, d.h. über Muttermilch und blutende Brustwarzen, zu senken, könnte sich diese Option für Säuglinge von Müttern aus ressourcenarmen Regionen als schädlich erweisen. In diesen Umgebungen sind schwere Durchfallerkrankungen und Mangelernährung aufgrund einer nicht sicheren Ernährung mit Muttermilchersatznahrung und nicht optimalen Stillens (d.h. kein ausschliessliches Stillen während der ersten sechs Lebensmonate) die Hauptfaktoren der hohen Säuglingsmortalität. Laut einem WHO-Bericht neueren Datums (2006) wird geschätzt, dass jedes Jahr weltweit bereits 1,45 Millionen Todesfälle (bei Kindern unter 2 Jahren) auf nicht optimales Stillen in Entwicklungsländern zurückzuführen sind; wohingegen geschätzte 242 000 Todesfälle bei Säuglingen durch die Mutter-Kind-Übertragung verursacht werden. Die WHO-Richtlinien zur Ernährung von Säuglingen bei HIV stellen einen wichtigen Rahmen dar, den Regierungen, Politiker und Mitarbeiter des Gesundheitswesens bei der Erarbeitung von Richtlinien und Behandlungsprotokollen zur Vermeidung der Mutter-Kind-Übertragung berücksichtigen müssen. Es gibt sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrienationen Gemeinden, die nicht über sauberes Trinkwasser und Elektrizität verfügen; die Richtlinien müssen daher die Bedürfnisse der verschiedenen Gemeinden berücksichtigen. Die WHO-Richtlinien empfehlen, dass Stillen durch HIV-infizierte Mütter vermieden werden sollte, wenn adäquate, finanzierbare, nachhaltige und sichere Alternativen für die kindliche Entwicklung zur Verfügung stehen. In den Industrieländern wurde die vertikale HIV-Transmission dank eines entsprechenden Einsatzes der antiretroviralen Therapie, der Möglichkeit und richtigen Terminierung eines elektiven Kaiserschnitts und der Unterstützung der Mütter bei der Vermeidung des Stillens beinahe ausgemerzt und die Rate der Mutter-Kind-Übertragung auf unter 1–2% gesenkt.